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Bundesgerichtshof: Alleinerziehende müssen voll arbeiten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es erneut für zumutbar erklärt, dass eine alleinerziehende Mutter unter bestimmten Umständen ganztags arbeitet.

Berlin - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es erneut für zumutbar erklärt, dass eine alleinerziehende Mutter unter Umständen ganztags arbeitet. In einer jetzt veröffentlichten Entscheidung gab der BGH dem geschiedenen Ehemann recht.

Der Vater der damals neunjährigen gemeinsamen Tochter hatte geklagt, weil er die vereinbarten 440 Euro monatlich nicht mehr zahlen wollte. Er argumentierte, dass die Mutter mehr als halbtags arbeiten könne. Vorausgegangen war 2008 die Änderung des Unterhaltsrechts durch die große Koalition mit dem Ziel, die Pflichten der früheren Ehepartner zu begrenzen und die sogenannte nacheheliche Eigenverantwortung zu stärken. Die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) antwortete Kritikern, das Modell „Einmal Zahnarztgattin, immer Zahnarztgattin, das gilt nicht mehr“.

Auch der Familiensenat des BGH folgte nun der Auffassung des Ex-Ehemanns und verwies die Sache an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurück. Die Richter dort hatten, wie zuvor das Amtsgericht, zugunsten der Mutter entschieden. Seit der Reform von Januar 2008 ist der betreuende Elternteil – in den weitaus meisten Fällen die Mutter – grundsätzlich verpflichtet, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, sobald die Kinder drei Jahre alt sind – im aktuellen Urteil weist der BGH auf eigene ähnliche Urteile hin.

Die Berliner Familienrechtsanwältin und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Jutta Wagner, sieht in dem neuen Urteil – es datiert vom 15. Juni – denn auch „nichts Revolutionäres“. Auch mit der Unterhaltsreform sei ihr Verband im Grundsatz immer einverstanden gewesen. „Wenn geschiedene Ehefrauen auf Dauer Unterhalt vom Ex-Ehemann erhalten, entspricht dies nicht unserem Menschenbild“, sagte sie dem Tagesspiegel. Wagners Verband dringt dennoch auf eine „Reform der Reform“. „Wir fanden und finden es problematisch, dass das Gesetz keine klare Stichtagsregelung enthält. Mit der Reform von 2008 wurde allen Ehen, egal wann geschlossen, die neue Unterhaltsregelung übergestülpt, es gab keinen Bestandsschutz.“ Und Möglichkeiten, die das Gesetz eröffnet, um unzumutbare Härten zu vermeiden, würden von den Gerichten zu wenig genutzt.

Die Vorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter Edith Schwab – auch sie ist Familienrechtsanwältin – weist darauf hin, dass betreuende Eltern auch weiter nicht in jedem Fall arbeiten müssten. Das sei aber nach dem Willen des Gesetzgebers jetzt gut zu begründen: „Seit 2008 gibt es nur noch absolute Einzelfallentscheidungen.“

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