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Politik: Alles deutet auf Gerster

Die Bundesanstalt für Arbeit hat ein riesiges Defizit – geht ihr Chef?

Von Antje Sirleschtov

Dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland in diesem Jahr weit höher sein wird, als man noch im vergangenen Herbst geahnt hat, ist mittlerweile klar. Nichts Neues ist daher auch, dass die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA) frisches Geld aus dem Bundeshaushalt benötigen wird, um die Leistungen für die Arbeitslosen zu bezahlen. Mit sechs bis sieben Milliarden Euro rechnet selbst Finanzminister Hans Eichel inzwischen.

Dass das Finanzloch in Nürnberg noch dramatischer ausfallen wird, und das möglicherweise über einige Jahre, ist neu. Schon am morgigen Freitag muss der Vorstand der Bundesanstalt dem Finanz- und Haushaltsausschuss der Nürnberger Behörde seine Prognosen vorlegen. Dass das Defizit größer als zehn Milliarden Euro sein wird, und damit doppelt so hoch wie es die Bundesregierung erwartet, hat der Staatssekretär im bayerischen Arbeitsministerium, Georg Schmid (CSU), am Mittwoch angekündigt. Und auch sein Kollege im Verwaltungsrat der BA, Christoph Kannengießer, meint dazu, es gebe „nichts, was nicht vorstellbar ist“.

Eine solche Botschaft könnte weitgehendere politische Folgen haben, als sie heute absehbar sind. Nicht nur für den Finanzminister, der am Mittwoch der EU-Kommission noch einmal zugesagt hat, 2004 das Maastricht-Defizit einzuhalten und nun höchstwahrscheinlich mit Zuschüssen nach Nürnberg auch im nächsten Jahr rechnen muss. Auch der BA-Chef Florian Gerster wird wohl um seinen Posten bangen müssen. Und schon jetzt werden die Fragen nach den Erfolgen Gersters beim Umbau der Arbeitsämter lauter. Wenn sich die Regierung angesichts von neuen Milliardendefiziten gegen Vorwürfe verteidigen muss, das Hartz-Konzept habe sich nur als Beruhigungspille nach dem Vermittlungsskandal der BA erwiesen, wird man nach Schuldigen suchen.

Dem will r nicht nur Gerster, sondern auch sein Verwaltungsrat vorbeugen. Der BA-Vorstandschef forderte in einem Interview „mehr Freiheiten“ von der Regierung. Sein Verwaltungsrat Kannengießer sagt, es gebe nach wie vor einen „massiven Widerspruch“ zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit an die Effektivität der Arbeitsämter und politischen Entscheidungen in Berlin. Der Umbau der Nürnberger Behörde verzögere sich vor allem, weil „fast völlig unveränderte rechtliche Rahmenbedingungen“ ihn behinderten, klagt Kannengießer.

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