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Politik: Alles im Blick

Die Kennzeichen-Überwachung ist in manchen Bundesländern weiter als die öffentliche Diskussion darüber

Von Matthias Schlegel

Der Elzer Berg auf der A 3 in der Nähe von Limburg ist bei Autofahrern berüchtigt: Bei der Abfahrt ist die Tachonadel nur schwer unter 100 zu halten. Mehr ist nicht erlaubt. Wer im August oder September dieses Jahres dort schneller als 111 Stundenkilometer fuhr, dem flatterte vielleicht ein Strafzettel ins Haus. Möglicherweise wurde ihm auch die zweifelhafte Ehre zuteil, für Sekundenbruchteile mit der polizeilichen Fahndungsliste in Berührung zu kommen. Auf diesem Streckenabschnitt hat das hessische Innenministerium über Wochen hinweg die Videoüberwachung von Kraftfahrzeug-Kennzeichen getestet. Während Datenschützer bundesweit noch heftig diskutieren, ob ein solches Vorgehen in Sachen Kriminalitätsbekämpfung bedenklich sei, werden in manchen Bundesländern schon Nägel mit Köpfen gemacht.

Ein Ministeriumssprecher in Wiesbaden verweist darauf, dass dieser „technische Funktionstest“ durch das Ordnungswidrigkeitengesetz gedeckt gewesen sei. Die Daten seien weder gesammelt noch gespeichert worden, sagte er dem Tagesspiegel. Um das Verfahren in der polizeilichen Praxis anzuwenden, bedarf es nach hessischer Lesart jedoch einer Änderung des Polizeigesetzes. Die entsprechende Novelle befindet sich derzeit in der Anhörungsphase. In Niedersachsen hält man nicht einmal einen Eingriff ins Polizeigesetz für nötig – im Frühjahr soll die Überwachung beginnen.

Andere Innenminister zeigen sich der Idee, die von unionsgeführten Bundesländern ausging, durchaus aufgeschlossen, sind bei der Umsetzung aber zurückhaltender. Auch in Brandenburg hat es im Oktober den Testeinsatz eines mobilen Kennzeichenlesegerätes gegeben. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hält die Technik für „effektiv und leistungsfähig“. Es müsse aber „auf Bundesebene diskutiert werden, unter welchen Voraussetzungen die Polizei sie einsetzen wird“, sagte er dem Tagesspiegel. Es gehe um Verbrechensbekämpfung, und für ihn habe „der Schutz der Bürger Vorrang vor dem Schutz der Datenschützer“.

Das CDU-geführte baden-württembergische Innenministerium will sich vor allem an den Testergebnissen der Kollegen in Bayern orientieren. Die lägen aber noch nicht vor, sagte Sprecher Philipp Leber. „Wir stehen in dieser Frage noch ganz am Anfang.“

Selbst im SPD-geführten Nordrhein-Westfalen ist man dem Einsatz der Kameras nicht abgeneigt, wie aus dem Innenministerium verlautet. Dagegen übt Sachsen „vornehme Zurückhaltung“, so ein Ministeriumssprecher. Andere Länder verweisen auf eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz, die sich mit der Koordinierung und den rechtlichen Grundlagen dieser Methode befassen soll. Da die Leitung dieses Gremiums derzeit beim Thüringer Innenminister liegt, der mit der Videoüberwachung jüngst haarscharf an seiner Demission vorbeigeschrammt ist, sind die Hoffnungen auf eine rasche Lösung allerdings begrenzt.

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