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Politik: Alles klar – Deutschland wählt

Verfassungsgericht billigt die Auflösung des Bundestags Schröder sieht seinen Weg „uneingeschränkt bestätigt“ Kläger rügen Stärkung des Kanzlers gegenüber dem Parlament Karlsruhe/Berlin - Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg zur vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September frei gemacht.

Verfassungsgericht billigt die Auflösung des Bundestags Schröder sieht seinen Weg „uneingeschränkt bestätigt“ Kläger rügen Stärkung des Kanzlers gegenüber dem Parlament

Karlsruhe/Berlin - Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg zur vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September frei gemacht. Die Richter in Karlsruhe billigten mehrheitlich die Auflösung des Bundestags durch Bundespräsident Horst Köhler nach der verlorenen Vertrauensfrage von Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Politiker aller Parteien begrüßten die Entscheidung. Köhler rief alle Bürger auf, ihr Wahlrecht wahrzunehmen.

Die Bundestagsabgeordneten Werner Schulz (Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD) hatten gegen die Entscheidung von Köhler vom 21. Juli geklagt, der die Neuwahl angeordnet hatte. Allerdings fiel das Urteil mit sieben zu eins Stimmen nicht einmütig. Der Richter Hans-Joachim Jentsch lehnte die Entscheidung als falsch ab, die Richterin Gertrude Lübbe-Wolff stimmte zwar der Entscheidung im Ergebnis zu, übte aber deutliche Kritik an der Begründung. Die Richterin Lerke Osterloh war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.

Die Richtermehrheit befand, der Einschätzung des Kanzlers, er könne bei den bestehenden Kräfteverhältnissen „keine vom steten Vertrauen der Mehrheit getragene Politik mehr verfolgen“, sei keine andere Einschätzung eindeutig vorzuziehen. Die auf Auflösung des Bundestags gerichtete Vertrauensfrage sei verfassungsgemäß, wenn der Kanzler eine verlässliche Mehrheit nicht mehr sicher hinter sich wisse. Das könne „von außen aber nur teilweise beurteilt werden“. Weiter stellte der Zweite Senat fest, dass die Handlungsfähigkeit des Kanzlers schon verloren gegangen sei, wenn er zur Vermeidung offener Abstimmungsniederlagen von wesentlichen Inhalten seiner Politik abrücken müsse. Schröder habe Tatsachen für eine Erosion des Vertrauens genannt, nämlich „heftige Debatten“ um die Agenda 2010 einschließlich Austrittsdrohungen und Sorgen von SPD-Chef Franz Müntefering über fehlende parlamentarische Unterstützung angesichts verlorener Wahlen.

Hoffmann bewertete das Urteil als „Weg in die Kanzlerdemokratie“. Schulz war vom Urteil enttäuscht, weil es nun ein „Kanzlerauflösungsrecht“ gebe. Mehrere Politiker und auch der Bundespräsident plädierten dafür, nun über ein Selbstauflösungsrecht des Bundestags zu reden.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel bezeichnete das Karlsruher Urteil als „klare Entscheidung“, die es den Bürgern ermögliche, statt des „Zickzackkurses“ von Rot-Grün mit einer von der Union geführten Regierung „einen neuen Anfang zu wagen“. Schröder sagte, mit der Entscheidung sei seine rechtliche Auffassung des Umgangs mit der Vertrauensfrage „uneingeschränkt bestätigt“ worden.

Genau an dieser Begründung des Kanzlers für die Vertrauensfrage und die Neuwahlen stieß sich allerdings der Richter Jentsch. Das Urteil erlaube dem Kanzler, „über eine ,unechte‘ Vertrauensfrage Neuwahlen herbeizuführen, wenn er die akklamatorische Bestätigung seiner Politik für erforderlich hält, um parteiinterne Widerstände zu überwinden“. Seiner Ansicht nach liegt ein „konstruiertes Misstrauen“ vor, welches das Grundgesetz nicht kenne. Zudem schwäche die vorliegende „Instrumentalisierung der Vertrauensfrage“ das Parlament.

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