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Politik: Alles schwarz

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Sehr geehrter Herr Finanzminister Eichel! Mit Schrecken hörte ich es in den Nachrichten: Sie werden mich wohl anklagen.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Sehr geehrter Herr Finanzminister Eichel! Mit Schrecken hörte ich es in den Nachrichten: Sie werden mich wohl anklagen. Und Sie werden mich dann zu 1500 Euro Bußgeld verdonnern. Weil ich zugeben muss, dass ich Schwarzarbeiterin bin. Und gestehen, Schwarzarbeiter zu beschäftigen. Und Mitwisserin von Schwarzarbeit zu sein.

Wie ich so sehr auf die schiefe Bahn geraten konnte? Das Unheil fing an, als ich eine Familie gegründet habe und dennoch das Arbeiten nicht aufgeben wollte. Weil ich häufig erst weit nach der Schließzeit des städtischen Kinderhortes Feierabend habe, muss dann und wann jemand meine Tochter abholen und betreuen. Das kostet mich ein paar Euro. Ohne Vertrag, ohne Rechnung. Und der Englischunterricht, der an unserer Schule erst in der dritten Klasse beginnt: Ich konnte meinem Kind den Wunsch nicht abschlagen und bezahle dafür, dass ein englischer Vater einmal in der Woche mit den Schulanfängern Lieder singt und Reime aufsagt. Schwarz und ohne Quittung. Nicht zu vergessen die Studentin, die mir und einigen mir bekannten Personen in der näheren Umgebung regelmäßig beim Bödenwischen und Fensterputzen zur Hand geht. Auch für sie – ich gebe es hier ehrlich zu – fehlt mir ein Arbeitsvertrag mit Kündigungsfrist und Abfindungsregelung. Genau das trifft auch auf die ältere Dame zwei Häuser weiter zu, die uns für Einkäufe seit Jahren reichlich mit Obst und Gemüse aus ihrem Garten belohnt – weit mehr als ein Blumengruß. 1500 Euro und eine Vorstrafe für das alles? In ängstlicher Anonymität erwarte ich Ihren Gesetzentwurf.

Eine Steuerzahlerin (Name ist der Redaktion bekannt)

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