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Politik: Alles umsonst?

Nach den neuen Anschlägen palästinensischer Extremisten schwindet die Friedenshoffnung – auf beiden Seiten

Sechs Wochen ist es verhältnismäßig ruhig im Nahen Osten gewesen. Doch genau zur Halbzeit der „Hudna“, der vorläufig auf drei Monate vereinbarten Waffenruhe, ist es palästinensischen Extremisten gelungen, den Friedensprozess durch zwei Selbstmordanschläge erneut zu gefährden. Außer den beiden Tätern starben zwei Israelis, elf wurden verletzt. Zu dem Anschlag im israelischen Rosch Haajin bekannten sich die Al- Aksa-Brigaden, die radikale bewaffnete Gruppe der Fatah-Organisation von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat. Den zweiten Anschlag nahe einer jüdischen Siedlung im Westjordanland verübte ein Mitglied der radikalen Palästinenser-Organisation Hamas.

Im israelischen Rundfunk hieß es am Dienstag: „Die Hudna ist gestorben.“ Offiziell war die Sprachregelung zwar vorsichtiger, man erklärte sich „höchst beunruhigt über palästinensische Vorbereitungen zur Wiederaufnahme der Gewalttägikeiten“. Doch der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas wirft der Regierung Ariel Scharon vor, nicht mehr an einer Feuerpause interessiert zu sein. Abbas verurteilte in Katar die Anschläge und brach seine Reise durch arabische Staaten ab, um von der „Hudna“ zu retten, was zu retten ist. Scharon beschuldigte die Palästinenser, ihren Verpflichtungen gemäß der „Roadmap“ nicht nachzukommen. Daher müsse Israel den Kampf gegen den Terror weiterführen. Wenn der Terror nicht vollständig aufhöre, erhielten die Palästinenser nicht das, was sie wollten – gemeint war ein unabhängiger Staat Palästina.

Die Anschläge erfolgten ausgerechnet vor Beginn der neuen Nahost-Mission des US- Vermittlers William Burns. Scharon dürfte ihm gegenüber die Bedeutung des Terrorkampfes und des Grenzzauns betonen. Ein Sprecher des palästinensischen Sicherheitsministers Mohammed Dahlan sagte, die erheblich geschwächten palästinensischen Sicherheitsorgane könnten im weitgehend von Israel kontrollierten Westjordanland praktisch nicht agieren.

Trotz der Anschläge scheint man sowohl in palästinensischen Regierungskreisen als auch auf israelischer Seite überzeugt, dass die Hudna um ein Vierteljahr verlängert wird. Nach israelischen Angaben wollen sowohl Hamas als auch „Islamischer Dschihad“ die Waffenruhe zur Aufrüstung nutzen. Angeblich will der „Dschihad“ im Gaza-Streifen die Reichweiten seiner Raketen verbessern. Ein Ziel dabei: Auch Scharons private Farm soll beschossen werden können.

Charles Landsmann[Tel Aviv]

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