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Politik: Alles, was uns recht ist

Von Frank Jansen

Wir sind jetzt fast am Ende. Fünf Jahre nach dem monströsen Wahn der Anschläge des 11. September 2001 hat der Rechtsstaat weitgehend seine Grenze bei der Repression markiert. Mit der Antiterrordatei, die nach der Sonderkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern endlich Realität wird, ist der Ausbau des für unsere Demokratie akzeptablen sicherheitstechnischen Instrumentariums nahezu ausgereizt. Wenn jetzt noch eine intelligente Kronzeugenregelung kommt und das Bundeskriminalamt die benötigten präventiven Befugnisse erhält, sind höchstens marginale Ergänzungen denkbar – sollte sich der deutsche Rechtsstaat nicht selbst demontieren wollen.

Es ist längst überfällig, dass Polizei und Nachrichtendienste den Austausch von Informationen über Terrorverdächtige beschleunigen, ohne den Datenschutz zu ramponieren. Der jetzt von den Innenministern vereinbarte Kompromiss einer Indexdatei, die offene von verdeckten Informationen trennt, erscheint einigermaßen sinnvoll. Die Nachrichtendienste liefern zudem nicht mehr Geheimwissen in die Datei, als mit Rücksicht auf V-Leute und Partnerbehörden im Ausland zu vertreten ist. Die Polizei erhält andererseits die Möglichkeit, mehr und schneller als bisher vom Wissen der Nachrichtendienste zu profitieren. Sollte das nicht reichen, bliebe immer noch der direkte Kontakt zwischen Polizei und Nachrichtendiensten im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum in Berlin. Eine Volltextdatei, wie sie von Teilen der Union gefordert wurde, erscheint jetzt gar nicht mehr nötig.

Einige Fragen lässt der Kompromiss zur Antiterrordatei allerdings offen. Dass eine Behörde Informationen über den Waffenbesitz verdächtiger Personen erst auf einen Antrag hin aus dem verdeckten Teil der Datei freigibt – wenn auch „umgehend“, wie es im Beschluss der Innenminister heißt – kann in der Praxis unseres komplizierten föderalen Systems doch etwas dauern. Obwohl ein Extremist, der mit Waffen hantiert, permanent gefährlich ist. Eine ungebremste Weitergabe von Daten wäre auch bei Auslandsreisen verdächtiger Islamisten nötig, um das Dickicht der Terrornetze halbwegs in Echtzeit zu durchleuchten. Dies gilt ebenso für Erkenntnisse über eine Verbindung zu terroristischen Vereinigungen. Dass alle Innenminister trotz solcher Detailfragen nun zugestimmt haben, ist offenbar eine Folge des Schreckens, den die nur knapp gescheiterten Anschläge mit Kofferbomben auslösten. Eine weitere Verzögerung der seit Jahren diskutierten Antiterrordatei wäre der Republik nicht zu vermitteln gewesen.

Es gibt allerdings auch die Gefahr, die sensible Grenze rechtsstaatlicher Sicherheitspolitik könnte schon bald überschritten werden. Das nun ebenfalls bevorstehende „Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz“ ist in Teilen bedenklich. Eine Befugnis für den BND, bislang nur für die Auslandsaufklärung zuständig, demnächst auch im Inland Auskünfte über Verfassungsfeinde einzuholen, wäre eine Grenzverletzung. Der deutsche Weg im Kampf gegen den islamistischen Terror sieht bislang anders aus. Die Sicherheitsbehörden wurden maßvoll aufgerüstet, die Bundeswehr entsprechend ihrer begrenzten Möglichkeiten zum Antiterroreinsatz ins Ausland geschickt. Mehr geht nicht. Wer mehr verlangt, überfordert die Republik und stellt ihr liberales Selbstverständnis infrage. Ohne garantieren zu können, die nächsten Kofferbomber würden gestoppt. Die Terrorgefahr ist am ehesten auszuhalten, wenn der Rechtsstaat Grenzen einhält.

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