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Politik: Als die Angst ein Gesicht bekam

In Den Haag sind zwei bosnische Generäle angeklagt, weil sie arabischen Kämpfern nicht Einhalt geboten

Sie verbreiteten Angst und Schrecken in der kroatischen Bevölkerung Bosniens – geheimnisvolle Mudschahedin, die als Freiwillige in Bosnien auftauchten, entsandt von Fundamentalisten aus dem Nahen Osten, und Dörfer verwüsteten, Gefangene folterten und Zivilisten köpften. Nun stehen in Den Haag zwei hohe bosnische Militärs vor Gericht, weil sie damals dem Treiben keinen Einhalt geboten.

Es war der 20. Oktober 1993, als eine Gruppe von Mudschahedin, die auf der Seite des 3. Bosnischen Armeekorps kämpfte, den kroatischen Zivilisten Dragan Popovic aus einem Gefangenenlager zerrte und zusammen mit einigen anderen Kroaten vor einem frisch ausgehobenen Erdloch aufreihte. Einer der Mudschahedin trat heran und schnitt Dragan mit einer schnellen Bewegung den Hals durch, trennte den Kopf vom Rumpf und zwang die anderen Gefangenen, den abgeschnittenen Kopf zu küssen. Dann mussten sie die Leiche begraben. Diese Szene entstammt der Eröffnungsrede der Anklage im Prozess gegen zwei bosnische Generäle vor dem Haager Jugoslawientribunal.

Es waren solche Geschichten, die dafür sorgten, dass allein schon das Wort „Mudschahedin“ unter der nichtmuslimischen Bevölkerung Bosniens Angst und Schrecken auslöste und dazu führte, dass die Armee der bosnischen Regierung in Sarajevo manche Dörfer gar nicht erobern musste. Damals, so behauptet nun die Anklagevertretung, sei der Schrecken, den die aus fundamentalistischen Moslemstaaten entsandten Freiwilligen verbreitet hätten, der Armeeführung Bosniens gerade recht gekommen. Jetzt dagegen tun zwei von deren mutmaßlichen Vorgesetzten alles, sich von dem blutigen Treiben der Moslemkämpfer zu distanzieren. Jetzt stehen Enver Hadzihasanovic, Oberkommandierender des 3. Korps, und Amir Kabura, früher Befehlshaber der 7. Moslembrigade Bosniens, wegen Kriegsverbrechen vor Gericht. Es ist der erste Prozess gegen bosnische Militärs und der erste, der allein aufgrund von deren Kommandogewalt geführt wird.

Klaus Bachmann[Den Haag]

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