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Januar 2014: AfD-Chef Bernd Lucke überreicht Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel (rechts) seinen Parteiausweis.

© dpa

Alternative für Deutschland: Die Angst in der AfD vor einer FDP 2.0

Die AfD bestimmt am Wochenende ihre Liste für die Europawahl. Erstmals melden sich liberale Mitglieder zu Wort. Ihnen passt vor allem der gesellschaftspolitische Kurs der Euro-Kritiker nicht.

Lange hatte die „Alternative für Deutschland“ (AfD) vor allem für Schlagzeilen gesorgt, wenn es um ihre vermeintliche Nähe zum Rechtspopulismus ging. Vor dem Listenparteitag zur Europawahl am Samstag in Aschaffenburg melden sich nun erstmals Parteimitglieder zu Wort, die sich selbst als „liberal“ bezeichnen. Unter der Bezeichnung „Kolibris“ haben „Konservative und Liberale in der AfD“ eine Plattform gegründet, deren Internetseite in dieser Woche online ging. Zu den Gründern der Gruppe, die mehrere hundert AfD-Mitglieder umfassen soll, zählen unter anderem der Berliner Ex-Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, Joachim Starbatty, und die Pressesprecherin der Bundes-AfD, Dagmar Metzger.

Speziell frühere FDP-Mitglieder innerhalb der AfD hatten sich in der Vergangenheit darüber beklagt, dass die Partei in der Gesellschaftspolitik als ausgesprochen konservativ wahrgenommen wurde. Zuletzt hatte Parteichef Bernd Lucke mit seiner Äußerung für Kritik gesorgt, wonach Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger dann „Mut zur Wahrheit“ bewiesen hätte, wenn er sein Coming Out damit verbunden hätte, „auch die Bedeutung von Ehe und Familie zu würdigen“. Auf der „Kolibri“-Seite hingegen findet man Sätze wie diesen: „Es gibt zahlreiche Bürger, die zwar laut nach Freiheit schreien, aber sobald sie eine Frau mit Kopftuch oder ein Händchen haltendes gleichgeschlechtliches Paar erblicken, ist es mit ihrer Freiheitsliebe nicht mehr allzu weit her.“ Lucke hatte es bei einem Pressetermin in der vergangenen Woche auch abgelehnt, die AfD als „liberalste aller Parteien“ zu bezeichnen, wie dies zuvor Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel anlässlich seines Parteibeitritts getan hatte. In AfD-nahen Internetforen wird wegen der „Kolibri“-Gründung bereits vor einer „FDP 2.0“ gewarnt.

Die AfD hatte es bisher vermieden, sich in zentralen Fragen abseits der Euro-Thematik zu positionieren. Auch die Beratungen einer Kommission, die Anfang der Woche „Europawahlthesen“ der AfD vorlegte, endeten zum Teil im Dissens. Den Delegierten werden deshalb auch gegensätzliche Thesen zur Abstimmung vorgelegt. So sollen sie darüber entscheiden, ob die AfD gegen jede Art von Vorratsdatenspeicherung ist, ob für ausländische „Leiharbeiter“ ein „deutscher Mindestlohn“ gelten sollte, oder ob die AfD eine EU-Erweiterung generell ablehnt.

Schafft Beatrix von Storch einen guten Listenplatz?

Unklar ist allerdings, ob es über das Europawahlprogramm in Aschaffenburg eine größere Diskussion geben wird. Auf der AfD-Internetseite haben bisher knapp 100 Mitglieder ihre Kandidatur bekannt gegeben – sollten sich alle Kandidaten vorstellen wollen, dürfte die Tagesordnung gesprengt werden. Als sicher gilt, dass Lucke die Liste anführen wird. Hinter ihm könnten Henkel oder Starbatty platziert werden. Pressesprecherin Metzger hingegen will nicht antreten, nachdem sie bei einer Vorwahl im bayerischen Landesverband gegen einen jungen AfD-Funktionär unterlegen war.

Spannend dürfte die Frage werden, ob es die konservative Berliner Lobbyistin Beatrix von Storch auf einen vorderen Listenplatz schafft. Ihr wurde lange nachgesagt, ein großes Netzwerk anzuführen, eine Art „deutsche Tea Party“. Im Zuge dubioser Finanzpraktiken ihrer „Zivilen Koalition“ stellte sich aber heraus, dass der als gemeinnützig anerkannte Verein nur aus Familienangehörigen besteht. Nach Angaben von Ex-Mitarbeitern von Storchs liegt auch die Zahl der Unterstützer weit unter der offiziell angegebenen Marke von 100000.

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