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Politik: Alternative Harmonielehre von innen - "Ganz klar", sagt Gunda Röstel, "wir ziehen mit Jürgen Trittin an einem Strang"

Haben hier alle Kreide gefressen? "Ganz klar", versichert die grüne Vorstandssprecherin Gunda Röstel: "Wir ziehen hier mit Jürgen Trittin an einem Strang.

Von Matthias Meisner

Haben hier alle Kreide gefressen? "Ganz klar", versichert die grüne Vorstandssprecherin Gunda Röstel: "Wir ziehen hier mit Jürgen Trittin an einem Strang." Und auch Reinhard Loske, der Umweltsprecher der Bundestagsfraktion, beteuert zu immer neuen Fragen, ob die Thesen zur Erneuerung bündnisgrüner Umweltpolitik gegen den Umweltminister zielen: "Er hält es ausdrücklich für eine richtige Initiative."

Nun will nur noch der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren, zu Wort kommen. Pflichtschuldig nennt er die in Berlin von Röstel und Loske präsentierten Gedanken einen "Beitrag zur notwendigen Diskussion".

Grüne Harmonie? Das ist wohl zu schön, um wahr zu sein. Neben den inhaltlichen Aussagen betrachte er die Tatsache, dass sich Umweltpolitiker der Bündnisgrünen gemeinsam zu Wort melden, als positiv, versichert Loske. Und doch zielen zumindest einige der Schlagzeilen und Überschriften, die der gelernte Volkswirt Ende Juli entwarf und nun öffentlich machte, sehr wohl gegen Trittin, dem alle nach außen die Freundschaft beteuern. Von der "Krise der Umweltpolitik unter Rot-Grün" ist da die Rede, davon, dass Rigorismus "weniger Erfolg" verspreche, dass stärker auf Dialog als auf Konflikt gesetzt werden müsse.

"Das hat mit Jürgen Trittin überhaupt nichts zu tun", sagt Röstel. Nur: Mit wem dann? Ausdrücklich richtet sich Autor Loske mit seiner Meinungsäußerung gegen eine Umweltpolitik, die als staatliche Bevormundung daherkommt. Und auch wenn er den breiten Konsens betont: Letztlich stehen unter der Liste mit den 19 Unterzeichnern nur noch zwei Vertreter des linken Parteiflügels, praktisch in letzter Minute ist Jutta Sapotnik, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Ökologie, noch abgesprungen. Kleine Änderungswünsche ließ Loske den Mitunterzeichnern zu, die Handschrift blieb seine eigene.

Dabei sind in der Sache Realpolitiker und der linke Flügel gar nicht so weit auseinander. "Der Dissens läßt sich in vielen Fällen nicht an Inhalten festmachen", heißt es aus der Spitze des Bundesumweltministeriums. "Wertvolle Impulse" erkennt etwa die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn in der Thesensammlung. Doch anders als ihr Kabinettskollege Michael Vesper hat sie nicht unterschreiben wollen - wegen eines erneut drohenden Streits in der Partei. Anders hat sich der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann entschieden. Grüne Umweltpolitik habe "tatsächlich bisher wenig erreicht", sagt er, die jetzt angestoßene Diskussion sei mithin überfällig.

Wenn sie an der Sache orientiert bleibt: Am 31. August/1. September wird die Bundestagsfraktion in Weimar in Klausur gehen, die Umweltpolitik steht als ein Schwerpunktthema auf der Tagesordnung. Hinter vorgehaltener Hand wird in der Bundestagsfraktion nicht ausgeschlossen, dass bis dahin aus dem inhaltlichen Streit ein Personalkonflikt wird - als Alternative zum bisherigen Sommertheater der SPD.

Reserviert bleiben unter anderem aus diesem Grund viele der Linken. Sie vermisse in dem Papier "viele Punkte", sagt Gunda Röstels Ko-Sprecherin Antje Radcke der. Und der Hamburger Umweltsenator Alexander Porschke, der ebenso vergeblich als Unterzeichner des Papiers gewonnen werden sollte, sagt zum Tagesspiegel: "Ich halte es für eine gute Sache, sich an das besondere Gewicht der Ökologie für die Grünen zu erinnern." Andererseits: Zielkonflikte zwischen Ökologie und Ökonomie sollten zwar minimiert werden, sie seien aber nicht in jedem Fall auszuschließen.

Ob aus den "neuen Allianzen", die sich die grünen Umweltpolitiker mit ihren Thesen vorgenommen haben, neue Konflikte entstehen? Noch ist diese Frage nicht entschieden. Zumindest eine Debatte wollte sich Loske jetzt nicht zusätzlich aufladen. Ob der neue Konsens auch bedeuten könnte, dass sich die Grünen in den Ländern offen für Koalitionen mit der CDU fühlen, wird er in der Pressekonferenz gefragt. Im Moment gebe es nichts, was in diese Richtung deute, erklärt er. Und fügt ein "leider" hinzu.

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