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Arm trotz Arbeit. Das ist für viele Deutsche schon heute Realität. Und wer heute schlecht verdient, wird später auch von seiner Rente kaum leben können.

© dapd

Altersarmut: Ganz unten

Experten warnen: Die Altersarmut wird steigen. Die Arbeitsministerin plant daher Reformen bei der Rente.

Um Altersarmut zu bekämpfen, will die Koalition Selbstständige zur Altersvorsorge verpflichten. Dafür sprechen sich CDU, CSU und FDP grundsätzlich aus. Was aus den Plänen von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird, eine Zuschuss-Rente einzuführen, ist aber noch unklar. Diese Rente soll es für Geringverdiener und für Frauen geben, die jahrzehntelang Teilzeit gearbeitet und Kinder großgezogen haben und deshalb am Ende ihres Arbeitslebens nur über eine Mini-Rente verfügen. Wenn sie privat vorgesorgt haben, soll ihre Rente auf 850 Euro aufgestockt werden.

Bei der Einführung würde diese Zuschuss-Rente nach Schätzungen des Arbeitsministeriums rund 50 Millionen Euro kosten, doch bis 2035 würden die Ausgaben auf knapp drei Milliarden Euro ansteigen. Bislang hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch keine Zustimmung dafür gegeben. Noch vor der Sommerpause sollen die Gesetzespläne zur Bekämpfung der Altersarmut konkretisiert werden. In den kommenden Sitzungswochen wollen die Koalitionsfraktionen darüber beraten. Geplant ist außerdem, Riester-Verträge für Verbraucher verständlicher zu machen. Frührentner sollen darüber hinaus mehr dazuverdienen dürfen, ohne dass ihnen die Rente gekürzt wird.

Ende vergangenen Jahres hatte das Ministerium in einem „Regierungsdialog“ mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und der Rentenversicherung darüber beraten, wie der Gefahr einer ansteigenden Altersarmut begegnet werden kann. Während heute Armut im Alter in Deutschland nicht weit verbreitet ist, wird sie nach Schätzungen von Experten in den nächsten Jahrzehnten zunehmen. Dafür sorgen zum einen veränderte Berufsbiografien mit langen Phasen von Arbeitslosigkeit oder Niedriglohnjobs. Als Problemgruppe gelten aber auch kleine Selbstständige, die nicht ausreichend abgesichert sind. Sie zahlen weder in die gesetzliche Rentenkasse ein noch, sind sie über eigene berufsständische Versorgungswerke abgesichert wie Notare oder Architekten.

„Etwa drei Millionen Selbstständige sind bisher nicht obligatorisch fürs Alter abgesichert. Wir wollen diese Personengruppe zur Vorsorge verpflichten“, kündigt der stellvertretende FDP-Fraktionschef Heinrich Kolb an. Der CSU-Sozialexperte Max Straubinger ergänzt: „Die Anwartschaften müssen so groß sein, dass die Betroffenen im Alter nicht auf die Grundsicherung angewiesen sind. Wir müssen außerdem gesetzlich regeln, dass die Ersparnisse nicht verpfändet werden dürfen.“

Noch keine Einigkeit besteht in der Koalition allerdings darüber, wie die Vorsorgepflicht aussehen soll. Arbeitsministerin Leyen und der Arbeitnehmerflügel der CDU geben den gesetzlichen Rentenkassen den Vorzug, während FDP und CSU auf Wahlfreiheit setzen. „Wir wollen den Betroffenen die Entscheidung überlassen, ob sie freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen oder etwa eine Lebensversicherung mit Rentenwahlrecht abschließen“, erklärt Kolb.

Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels in der Unionsfraktion, Peter Weiß, schlägt stattdessen vor, jeden Selbstständigen zu verpflichten, in der gesetzlichen Rentenversicherung so viel anzusparen, dass er im Alter nicht auf die Grundsicherung angewiesen ist. „Wer ausreichend Entgeltpunkte gesammelt hat, könnte dann selbst entscheiden, ob er darüber hinaus weiter in die Rentenkassen einzahlen oder privat vorsorgen will“, sagt Weiß. Ähnlich funktioniert heute schon die Altersvorsorge für Handwerker: 18 Jahre lang müssen sie Rentenbeiträge einzahlen, danach können sie sich freiwillig in der Rentenkasse weiter versichern.

Wie umfangreich die Rentenreform ausfällt, wird am Ende vor allem vom Geld abhängen. Der FDP-Politiker Kolb lehnte es ab, die derzeit gut gefüllten Reserven der gesetzlichen Rentenversicherung anzutasten. „Die Maßnahmen gegen Altersarmut müssen so finanziert werden, dass die Rentenbeiträge nicht zusätzlich steigen“, sagt er. Gesellschaftliche Aufgaben sollten grundsätzlich aus dem Haushalt und nicht aus Beitragsmitteln bezahlt werden. CDU-Sozialexperte Weiß verlangt, für die Bekämpfung der Altersarmut auch zusätzliche Steuermittel zur Verfügung zu stellen. Dem Finanzminister will er das schmackhaft machen, indem er ihm Einsparungen an anderer Stelle vorrechnet: „Die Ausgaben für die Grundsicherung steigen ständig. Wenn wir jetzt Geld zur Armutsbekämpfung in die Hand nehmen, können wir einen Teil dieses Anstiegs vermeiden.“

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