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Politik: Am Boden

Von Lorenz Maroldt

Klaus Wowereit gab sich fröhlich entschlossen: Er wolle kämpfen, mit aller Kraft – für mehr Geld zugunsten der Filmförderung. Das sagte der Regierende Sparmeister von Berlin bei der Eröffnungsfeier der Berlinale und steckte dafür einen billigen Beifall ein. Als Politiker muss man eben Prioritäten setzen. Und seine Grenzen kennen.

Ein paar Stunden zuvor waren solche wieder einmal gesteckt worden, diesmal vom Oberverwaltungsgericht Frankfurt. Der Entwicklungsplan für den Flughafen Schönefeld, aufgestellt vom Land Brandenburg, ist unwirksam, lautet die Entscheidung. Was das für Folgen hat, darüber waren sich die Parteien auch am Freitag nicht einig. Auffällig ist jedoch, dass die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg im Zusammenhang mit dem Luftverkehr einen Prozess nach dem anderen verlieren, mit kuriosen Folgen. Der Politik gelingt es weder, einen Flughafen in Schönefeld zu bauen, noch einen in Tempelhof zu schließen.

Dafür verantwortlich sind nicht etwa renitente Anwälte oder bösartige Richter, sondern die Planer in Politik und Verwaltung. Die begehen geradezu groteske handwerkliche Fehler und ziehen offenen Auges von einer Niederlage zur nächsten, allen Warnungen, allen offenkundigen Mängeln ihrer Arbeit zum Trotz.

Das zu deuten, bleibt nur eine Alternative: Entweder die Planer sind zu blöde, um Flughäfen zu bauen und zu schließen – oder sie tun nur so, weil sie längst etwas anderes wollen als bisher von ihnen behauptet. So oder so, die Luftverkehrspläne werden anscheinend kalt erledigt, wie zuvor schon die Fusion beider Länder. Wobei das Scheitern des einen mit dem des anderen verknüpft ist.

Ins Bild passt auch, wie das Bundesverkehrsministerium und die Staatskanzlei von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck reagierten: erst scheinbar überrascht, dann langatmig sprachlos. Das Krisenmanagement wirkt peinlich wie die gesamte Planung, seit ihrem Beginn. Das belegt ein Blick ins Archiv. Ende 1992 stand im Tagesspiegel zu lesen: „Der von Brandenburg und Berlin geplante Großflughafen kann auf keinen Fall im Jahr 2000 in Betrieb gehen.“ Bei einer internen Untersuchung der Potsdamer Landesregierung seien „erhebliche Versäumnisse“ festgestellt worden, die darauf schließen ließen, „dass die Planung bewusst verzögert … und absichtlich torpediert wird“. Die heute Handelnden sind nicht mehr dieselben, ihre Fähigkeiten, Ziele und Motive mögen ganz andere sein als es die ihrer Vorgänger waren. Doch im Ergebnis hat sich am damaligen Stand der Erkenntnis bis heute wenig geändert. Es wird geschlampt oder sabotiert – oder beides. Nur der Eröffnungstermin, der wurde ständig verschoben, vom Jahr 2000 auf 2004, dann 2007, jetzt 2010. Vielleicht. Denn die Folgen der letzten Pleite sind ja noch strittig.

Und nun, wie weiter? Die Ambitionen des Politikers Klaus Wowereit gehen nicht über die Grenzen der Stadt hinaus. Da gleicht er Eberhard Diepgen, der ja vielleicht auch deshalb als Regierender Bürgermeister für einen Flughafen ganz nah an Berlin war. Das ist nicht ehrenrührig – wenn die Konzentration den wirklich wichtigen Aufgaben gilt. Für Berlin ist eine davon der Bau eines modernen Flughafens, und das möglichst bald. Doch hier droht jetzt die finale Pleite vor dem Bundesverwaltungsgericht. Deshalb muss Wowereit sich entschließen zu kämpfen, mit aller Kraft, gemeinsam mit Platzeck. Wenn es sein muss, penibel bis ins Detail. Für die Filmförderung ist immer noch Zeit.

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