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Politik: Am Rande der Gesellschaft

Von Sven Lemkemeyer Auch in Skandinavien haben rechtspopulistische Parteien bei den letzten Wahlen Erfolge gefeiert. In Norwegen ist die Minderheitsregierung des Christdemokraten Kjell Magne Bondevik seit der Wahl im Februar auf die Stimmen der rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Fortschrittspartei unter Carl Ivar Hagen angewiesen.

Von Sven Lemkemeyer

Auch in Skandinavien haben rechtspopulistische Parteien bei den letzten Wahlen Erfolge gefeiert. In Norwegen ist die Minderheitsregierung des Christdemokraten Kjell Magne Bondevik seit der Wahl im Februar auf die Stimmen der rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Fortschrittspartei unter Carl Ivar Hagen angewiesen. Im Dezember 2001 wurde die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei unter Pia Kjærsgaard drittgrößte Kraft und Mehrheitsbeschafferin für die neue rechtsliberal-konservative Regierung in Kopenhagen. Hauptziel der Volkspartei war im Wahlkampf eine restriktive Ausländerpolitik. Die Schweden wählen im September ein neues Parlament. Doch dort spielen spielen rechte Parteien keine Rolle.

Völlig unbekannt sind rechte oder nationalistische Tendenzen in Schweden nicht. 1991 gelang der Partei Neue Demokratie mit einer Mischung aus fremdenfeindlichen Thesen und Ablehnung traditioneller Politik der Sprung in den Reichstag. Nach dem Rücktritt des Parteichefs Ian Wachtmeister brach die Partei vor der Wahl 1994 auseinander. Ende der 90er Jahre erschütterte eine Welle rechter Gewalt den Wohlfahrtsstaat, die 1999 in der Ermordung des Gewerkschaftsführers Björn Söderberg durch Faschisten gipfelte. Für Richard Stöss, Experte für Rechtsextremismus in Europa an der FU Berlin, hat die Debatte nach dieser massiven Gewalt die schwedische Gesellschaft aufgerüttelt. „Die Neonazis haben mit ihren Attacken den rechten Parteien den Boden entzogen.“

Zudem hat es die sozialdemokratische Regierung verstanden, der Öffentlichkeit das Bild von einer ausreichend strengen Einwanderungspolitik zu vermitteln. „Extreme Positionen haben es schwer, sich dagegen zu profilieren“, sagt Reinhold Wulff vom Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität Berlin. Die Chance, dass es einen Le Pen oder Fortuyn auch in Schweden geben könne, wird nicht nur wegen einer fehlenden charismatischen Führungsperson als gering betrachtet. „Kurzfristig sehe ich keine Gefahr“, sagt der sozialdemokratische Regierungschef Göran Persson. Am bekanntesten sind derzeit die rechtsgerichteten Schwedendemokraten. Sie stehen Le Pen am nächsten. 1998 soll Le Pen den Wahlkampf der fremdenfeindlichen Partei finanziell unterstützt haben. Alle sonstigen Parteien, inklusive Schwedendemokraten, kommen bei den Umfragen zusammen auf nur 0,8 Prozent.

Persson und seine Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SAP) verzeichnen dagegen in Umfragen ein Stimmungshoch ungeahnten Ausmaßes. Auf fast 46 Prozent kommt die SAP, fast zehn Prozent mehr als vor einem Jahr. Die verbündete Linkspartei liegt bei gut elf Prozent, während die vier nicht-sozialistischen Parteien zusammen nur etwa 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können.

Der Umschwung zugunsten der SAP geht zum einen auf die Person Persson zurück. Nachdem er zu Beginn seiner Regierungszeit als bürokratisch, grob, gar rüpelhaft galt, betrachten ihn viele Schweden inzwischen als Mann des Volkes. „Er ist zu einem richtig netten Typen geworden“, sagt Mikael Gilljam, Politikwissenschaftler an der Universität Göteborg. Doch der Erfolg ist auch politisch zu begründen. „Die wirtschaftliche Situation ist im europäischen Vergleich unglaublich stabil“, sagt Wulff. Mit einer harten Haushaltspolitik und drastischen Eingriffen ins soziale Netz Schwedens schuf sich Persson zunächst wenig Freunde. „Doch jetzt“, so Wulff, „greifen diese Maßnahmen.“ So sank die Arbeitslosigkeit seit Mitte der 90er Jahre von knapp zehn auf jetzt vier Prozent.

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