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Politik: Am Rande des Umsturzes

Marodierende Soldaten setzen Ecuadors Präsident Correa zeitweise fest – aus Protest gegen ein Sparpaket

Eine Meuterei von Polizei und Teilen des Militärs hat Ecuador an den Rand eines Umsturzes gebracht. Aus Protest gegen ein Sparpaket besetzten hunderte demonstrierende Polizisten am Donnerstag das Parlament und blockierten Straßen mit brennenden Autoreifen. „Gebt uns wieder, was ihr uns genommen habt!“, forderten sie. Uniformierte der Luftwaffe sperrten einen Teil des internationalen Flughafens der Hauptstadt Quito, der deshalb seinen Flugverkehr einstellen musste.

Der linke Präsident Rafael Correa, der versuchte, die Rebellen bei einem Besuch im Polizeihauptquartier von Quito zum Einlenken zu bewegen, wurde mit Buhrufen, Flaschen und Tränengas empfangen. „Ich werde nicht nachgeben, wenn ihr den Präsidenten umbringen wollt, nur zu, hier bin ich!“, rief Correa entnervt. Wie Reporter vor Ort berichteten, wurde der Staatschef, der seit einer Knieoperation an Krücken geht, von einem Wurfgeschoss getroffen und musste von seinen Bodyguards ins angrenzende Polizeihospital getragen werden.

Dort wurde er wegen Atemnot behandelt. Demonstrierende Polizisten umstellten umgehend das Krankenhaus, während hunderte Regierungsanhänger herbeieilten, um den Staatschef zu „retten“ und die Demokratie zu verteidigen. „Mir wird gerade gesagt, dass meuternde Polizisten versuchen, übers Dach und durchs Fenster hier einzudringen“, schilderte Correa live vom Krankenbett dem staatlichen Radiosender. Die Belagerung endete, als loyale Eliteeinheiten dem Staatschef einen Weg aus dem Krankenhaus bahnten. Bei den Protesten wurden drei Menschen getötet und mindestens 37 verletzt. Correa verhängte den Ausnahmezustand und ließ sämtliche Radio- und Fernsehstationen mit dem staatlichen Rundfunk gleichschalten.

Schulen und Geschäfte in der Hauptstadt Quito und der Wirtschaftsmetropole Guayaquil schlossen wegen der Unruhen. Es kam vereinzelt zu Überfällen und Plünderungen von Banken und Lebensmittelmärkten. Inmitten des Chaos sprach der Generalstab der Streitkräfte dem Staatschef seinen vollen Rückhalt aus. „Wir verstehen den Unmut der Kollegen, billigen die Ausschreitungen aber nicht und fordern sie auf, diese einzustellen“, sagte Polizeichef Florencio Ruiz.

Correa bezeichnete die Meuternden als „Verräter“ und warf dem Ex-Präsidenten und ehemaligen Putschistenmilitär Lucio Gutierrez vor, hinter den Unruhen zu stecken. Gutierrez, dessen rechte „Vaterlandsgesellschaft“ die größte Oppositionsfraktion im Parlament stellt, wies von Brasilia aus die Vorwürfe von sich.

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) berief unterdessen eine dringliche Sondersitzung in Washington ein. Sie sprach Correa ihren Rückhalt aus und verlangte die Einhaltung der demokratischen Ordnung. Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño erklärte, die Meuterei sei absolut inakzeptabel, da die Gehälter der Sicherheitskräfte unter der Regierung Correas mehrfach erhöht worden seien. Das am Mittwoch vom Kongress verabschiedete Gesetz gleicht die Entlohnung der Staatsdiener im gesamten Land an, womit die Sonderzulagen für Beförderungen und andere Extras wegfallen würden.

Allerdings war der Staatschef selbst nicht zufrieden mit dem Gesetz, weil die Parlamentarier auch seiner eigenen Partei einer Verkleinerung des Staatsapparats nicht zugestimmt hatten. Correa drohte deshalb mit der Auflösung des Kongresses. Das ist zwar verfassungsgemäß, würde jedoch Neuwahlen zur Folge haben, in denen Correa seine Mehrheit und damit seinen eigenen Posten aufs Spiel setzt.

Die Episode ist die schwerste Krise für den seit vier Jahren regierenden und 2009 wiedergewählten Correa. Beobachter fürchten nun eine Rückkehr der chronischen Instabilität in dem Andenland, in dem in den vergangenen 15 Jahren drei Präsidenten gestürzt worden sind.

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