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Politik: Am Tropf der Welt

Nach dem Tsunami hängen weiter Regionen von internationaler Hilfe ab – besonders in Indonesien

Berlin - Das Gute vorneweg: Die Hilfsbereitschaft nach der großen Flutwelle vom 26. Dezember war überwältigend. Und weil so rasch und so umfassend reagiert worden ist, sind Folgekatastrophen wie Seuchen und Krankheiten ausgeblieben. Doch schon kurz nach dem Tsunami in Südasien war auch klar, dass der Wiederaufbau in der Region ein Projekt von Jahren, wenn nicht Jahrzehnten sein würde. Zwölf Monate nach dem Unglück fallen Bilanzen, gerade was diese längerfristige Entwicklung betrifft, eher gemischt aus.

So würden die betroffenen Menschen „viel zu selten aktiv am Wiederaufbau beteiligt“, sagt Barbara Ramsperger von „Brot für die Welt“. Sie ist gerade aus Sri Lanka zurückgekehrt und wird am heutigen Mittwoch zusammen mit Mitgliedern einer international besetzten „Fact Finding Mission“ einen Bericht vorstellen. Auf der Insel sind die großen Zeltcamps zwar inzwischen verschwunden, sagt Ramsperger. Doch fast alle Menschen – mehrere hunderttausend –, die nach dem Tsunami obdachlos geworden sind, leben immer noch in Übergangslagern, wo bei ihnen überwiegend „eine Empfängermentalität gefördert“ werde. Viele Menschen in den Camps seien „arbeitslos und warten nur noch auf Geld oder Essen von außen“, anstatt dass versucht werde, ihnen Jobs zu verschaffen oder sie in neuen Berufen auszubilden.

Aufgrund des „wahnsinnigen Drucks“, schnell Bilder und Ergebnisse den Spendern daheim liefern zu können, seien auch internationale Hilfswerke direkt nach der Flut „überfordert gewesen“, sagt Ramsperger. Deshalb seien oft nicht die notwendigen Daten erhoben worden – wer ein Fischer war, ein Schreiner, was die Familie verloren hat und jetzt wieder braucht. Zudem würden lokale Behörden oft zu wenig beim Wiederaufbau mit einbezogen. Gerade das aber sei wesentlich, betont auch Rudi Tarneden von Unicef. Wenn beim Bau eines Krankenhauses die lokalen Behörden nicht mitreden können, sei damit zu rechnen, dass sie sich auch künftig dort nicht für Reparaturen oder andere Fragen zuständig fühlten.

Tarneden geht aber davon aus, dass die Situation auf Sri Lanka insgesamt besser ist als in Indonesien, das mit mehr als 130 000 Toten am schlimmsten vom Tsunami getroffen wurde. Die Provinz Banda Aceh ebenso wie die Westküste hängen nach seinen Worten „nach wie vor ganz am Tropf der Weltgemeinschaft“. Etwa 200 000 Menschen lebten dort noch in Zelten. Was die Westküste des Landes betrifft, sagt Tarneden, „findet dort immer noch Nothilfe statt“. Das größte Problem sei der Bau von Häusern: nicht nur die Frage ob und wo gebaut werden darf, sondern wie überhaupt das entsprechende Material in die schwer zugängliche Region geschafft werden soll. Vielleicht hätte man hier „von Anfang an mehr auf Übergangslösungen setzen sollen“, sagt Tarneden.

In Sri Lanka kommt der Aufbau von Häusern nach Angaben der Hilfsorganisationen besser voran, selbst wenn ein Jahr nach der Flut immer noch keine endgültige Regel gefunden worden ist, in welchem Abstand zum Strand gebaut werden darf. Mehrere tausend sollen es nach Informationen von Oxfam bereits sein. Allerdings sind deswegen offenbar fast alle Arbeiter in Richtung Küste gezogen. Jedenfalls, sagt Ramsperger, sei ihr jetzt berichtet worden, dass im Landesinneren kaum noch Häuser gebaut werden könnten, weil die Fachkräfte fehlen. In anderen Bereichen, zum Beispiel aus lokalen Nichtregierungsorganisationen oder der Verwaltung, hätten dagegen internationale Hilfsorganisationen gute Fachleute abgeworben, die dort eigentlich gebraucht würden.

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