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Politik: Amtshilfe mit der Waffe

Die Koalition einigt sich offenbar auf ein Luftsicherheitsgesetz – und will so den Einsatz der Bundeswehr im Inneren regeln

Berlin - Die große Koalition steht offenbar vor einer Einigung zum Luftsicherheitsgesetz. Danach könnte die Bundeswehr künftig bei einem terroristischen Anschlag auch im Inland militärisch aktiv werden – dem Einsatz von Abfangjägern gegen ein nur mit Terroristen besetztes Flugzeug etwa wäre der verfassungsmäßige Weg eröffnet. Möglicherweise könnte im Koalitionsausschuss an diesem Sonntag ein entsprechender Beschluss gefasst werden, sollte die Dynamik des Treffens die im Vorfeld besprochene Linie nicht hinfällig machen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht das rot-grüne Luftsicherheitsgesetz gekippt hatte, führten Union und SPD heftige Debatten um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Während Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Grundgesetzänderung zur Neudefinition des Kriegsfalles anstrebt, um die Bundeswehr grundsätzlich im Terrorfall im Inneren einsetzen zu können, besteht die SPD auf einer eingeschränkteren Lösung: Die Bundeswehr darf Amtshilfe auch mit militärischen Mitteln leisten.

Auf diese Variante scheint die Einigung der Koalitionspartner CDU/CSU und SPD jetzt auch zuzulaufen: eine Änderung von Artikel 35 im Grundgesetz. Darin würde neben der Amtshilfe auch mit militärischen Mitteln eine Entscheidungsbefugnis zum Einsatz klar geregelt. Die Neuregelung soll den Grundgesetzartikel an die veränderte Bedrohungslage in Deutschland seit den Anschlägen vom 11. September 2001 anpassen. Denn nach bisherigem Recht kann die Bundeswehr nicht mit ihren militärischen Kapazitäten für die Abwehr eines Terrorangriffs zur Hilfe gerufen werden. Innenminister Schäuble rückt damit zwar nicht von seiner weiter gehenden Position ab – doch betrachtet die Union offenbar die Änderung des Artikel 35 als den weitestgehenden mit der SPD derzeit zu vereinbarenden Schritt.

Noch ein zweites strittiges Thema könnte beim Koalitionsausschuss gelöst werden: die Einführung der (wie das Luftsicherheitsgesetz im Koalitionsvertrag verabredeten) Visa-Warndatei. Nach den Skandalen um die massenhafte betrügerische Beschaffung von Einreisevisa etwa aus der Ukraine und dem folgenden Visa-Untersuchungsausschuss hatte die große Koalition die Einrichtung einer Datei vereinbart, mit der betrügerische Einlader von Einreisenden ebenso erkannt werden könnten wie unliebsame Einreisende. Allerdings war die Unionsseite davon ausgegangen, dass die Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Daten haben müssten, während die SPD-Seite vor einem kompletten Zugriff stets gewarnt hat.

Nach dem Stand der Verhandlungen könnten sich Union und SPD nun darauf verständigen, die Datei unabhängig vom Ausländerzentralregister als eigenständige Informationssammlung zu errichten. Die Zugriffsrechte sollen abgestuft geregelt werden. Allerdings könnte die detaillierte Ausgestaltung dieser Zugriffsrechte noch einmal strittig werden, wenn dann ein Gesetzentwurf vorliegt.

Nicht einig waren sich die Ministerien des Inneren und der Justiz bis zum Wochenende über das Gesetz, mit dem die Ausbildung in Terrorlagern unter Strafe gestellt werden soll. Hier hakeln Innenminister Schäuble und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) noch an der Frage, ob mit der Anbahnung eines Lageraufenthalts auch eine Anschlagsabsicht verbunden sein muss, damit ein Täter bestraft werden kann. Entgegen der ursprünglichen Planung kommt dieses Gesetz zumindest nicht in der kommenden Woche ins Bundeskabinett.

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