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Politik: Amüsement und Toleranz

Eine merkwürdige Hassliebe verbindet Otto Schily mit den Linken. In vielen Schattierungen von rot war er ihnen nah: Als Anwalt verteidigte er RAF-Terroristen; als der erste Grüne, der wusste, wie man eine Krawatte bindet, scheiterte er am linken Basisbürokratismus.

Eine merkwürdige Hassliebe verbindet Otto Schily mit den Linken. In vielen Schattierungen von rot war er ihnen nah: Als Anwalt verteidigte er RAF-Terroristen; als der erste Grüne, der wusste, wie man eine Krawatte bindet, scheiterte er am linken Basisbürokratismus. Man wollte einen nicht haben, der so selbstverständlich herausragte, so als stamme er nicht nur aus gutem Hause, sondern sei von irgendeiner Art Adel. Auch hegte der rot-grüne Mainstream eine Aversion gegen Schilys Direktheit, er tat nicht so als ob. Doch selbst bei seiner dritten engeren Berührung mit der Farbe rot, - nach seinem Wechsel zur SPD, zu dem ihn Peter Glotz überredet hatte - machte man es ihm zu Anfang nicht leicht. Und er den anderen auch nicht. Die bayerischen und die Bundes-Genossen von der SPD wussten in den ersten vier Jahren, zwischen 1990 und 1994, nicht viel mit diesem politisch Andersfarbigen und kulturell Andersartigen anzufangen. Erst in der letzten Legislaturperiode trat Schily wieder hervor, um dann, nach dem Regierungswechsel, ganz zu sich und ganz nach oben zu kommen. Doch selbst hier, in der Sphäre verdichteter Verantwortung, lässt ihn seine Hassliebe nicht los. Zufrieden wirkt der Innenminister, wenn er wieder mit einem neuen Gesetz zu mehr Innerer Sicherheit beitragen konnte, doch richtig amüsiert ist er erst, wenn er die grünen und sozialdemokratischen Linken dabei auch ein bisschen ärgern kann. Wahrscheinlich hält nicht zuletzt dieses Spiel des Katers mit den Mäusen den fast 70-Jährigen jung. Das muss er auch noch eine Weile bleiben, denn der Kanzler hat Schily dazu bestimmt, auch in der nächsten Legislaturperiode Innenminister zu bleiben. Falls dieser Kanzler dann noch etwas zu entscheiden hat. Aber davon ist Schily so tief und fest überzeugt, als sei er schon seit ewig ein Sozialdemokrat. Zumindest fühlt er sich jetzt wohl in dieser Partei. Die bayerischen Genossen wählten ihn mit ungespielter Begeisterung an die Spitze der Landesliste. Und Schily selbst sagt von der SPD mittlerweile, sie sei toleranter als die Grünen, schon weil in ihrem großen Bauch mehr Verschiedenheit Platz hat. bul

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