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Angela Merkel und die CDU: Die Zentrumspartei - alles dreht sich um sie

Die CDU – das ist Angela Merkel. Auf dem am Dienstag beginnenden Bundesparteitag in Köln wird sie aufs Neue von der Basis gefeiert werden. Aber wie bekommt der Partei diese Dominanz?

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Mit 97,7 Prozent wurde Angela Merkel vor zwei Jahren im Amt der CDU-Chefin bestätigt. Seither hat sie für ihre Partei eine Bundestagswahl gewonnen und regiert in einer stabilen Regierung mit der SPD. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, ihr Führungsstil sei zwar nicht so „hurra-mäßig“ wie bei Napoleon, aber erfolgreicher. Der Kanzlerin, so scheint es, können weder Krisen noch Streit in ihrer eigenen Partei etwas anhaben. Auf dem Parteitag in Köln könnte Merkel noch näher an die hundertprozentige Zustimmung heranrücken als vor zwei Jahren.

Wie steht die CDU unter Merkel da?

Einerseits ganz gut, andererseits eher mau – es ist ein zwiespältiges Bild, das die Partei abgibt nach gut 14 Jahren unter ihrer Chefin (die nun auch schon neun Jahre als Kanzlerin amtiert). In den bundesweiten Umfragen pendelt die Union zwischen 40 und 42 Prozent, wobei hier natürlich immer die Stärke der CSU eine Rolle spielt, die das Unions-Ergebnis mit ihren bayernweit 49 Prozent nach oben zieht. Die CDU allein hat bei der Wahl 2013 (Gesamtergebnis der Union: 41,5 Prozent) mit 34,1 Prozent abgeschnitten. Bei den beiden Wahlen zuvor waren es nur gut 27 Prozent. Mit Merkel hat die Partei so gesehen das Tal durchschritten, in das sie mit Merkel (aber nicht wegen ihr) nach der Spendenaffäre geraten war.

In den Ländern sieht es weniger gut aus. In Sachsen fuhr die CDU im Sommer das schlechteste Ergebnis seit 1990 ein. Das Abschneiden in Thüringen (wo die Regierungsverantwortung verloren ging) und in Brandenburg im September war trotz kleiner Zugewinne nicht ermutigend. In keinem Bundesland konnte sie zuletzt mehr als 40 Prozent gewinnen.

Muss sich Merkel auf eine Debatte über das Profil unter ihrer Führung einstellen?

Dazu dürfte der Unmut, der durchaus besteht, nicht groß genug sein. Und Merkel ist in der Partei unangefochten. Ihre Popularitätskurve im ZDF-Politbarometer hat zwar zuletzt eine kleine Delle gehabt, aber sie zeigt seit dem Einbruch 2009 permanent nach oben. Die große Angst der Deutschen vor Arbeitslosigkeit hat sich in der Regierungszeit Merkels nach den Umfragen abgeschwächt. Andererseits sehen die Leute Löhne und Lebenshaltungskosten vermehrt als Problem an.

Und der CDU fehlt Spitzenpersonal, das zumindest Hoffnung auf eine Nachfolge Merkels auslösen könnte. Fraktionschef Volker Kauder gilt als zu rückwärtsgewandt, Ursula von der Leyen fehlt es an Rückhalt in der Partei, der ehemalige Generalsekretär Hermann Gröhe konnte bislang als Gesundheitsminister keine Statur zeigen und Innenminister Thomas de Maizière agiert, seit er das Amt des Verteidigungsministers verlor, ohne machtpolitischen Anspruch.

Worüber wird auf dem Parteitag inhaltlich gestritten?

Gestritten wird bei der CDU auf Parteitagen nicht gern. Und so räumte die Parteiführung den einzigen Punkt, bei dem es hätte knallen können, am Montagnachmittag ab. Mit einem Kompromiss zur kalten Progression. Das ist der Effekt, der entsteht, wenn der Einkommensteuertarif nicht an die Inflationsentwicklung angepasst wird. Man spricht hier stets von einer heimlichen Steuererhöhung. Die trifft vor allem Mittelverdiener, wenn Gehaltszuwächse nur die Preissteigerungen ausgleichen oder darunter liegen. Bleiben höhere Gehälter aus, wird die Kaufkraft durch die gleich bleibende Besteuerung noch stärker verringert. Dieser Effekt soll nun noch in dieser Wahlperiode gemildert werden, jedenfalls in einem ersten Schritt. Voraussetzung sei, dass es einen ausgeglichenen Haushalt und keine neuen Schulden gebe, hieß es laut Deutscher Presse-Agentur in Führungskreisen. Konkreter waren die Angaben zunächst nicht. Die CDU-Arbeitnehmerschaft, die Mittelstandsvereinigung, die Junge Union und die Landesverbände Berlin, Sachsen und Schleswig-Holstein hatten in Anträgen für den Parteitag eine jährliche Inflationsanpassung gefordert, um den Effekt der kalten Progression auszuschalten. Das Gesetz solle noch 2015 beschlossen und 2016, spätestens aber am 1.Januar 2017 wirksam werden. Die Parteiführung wollte sich aber zunächst nicht auf ein Datum festlegen lassen.

Wird der Parteitag ein Burka-Verbot beschließen?

Merkels Stellvertreterin Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz machte sich noch am Wochenende erneut für ein Verbot der Vollverschleierung muslimischer Frauen stark. „Da kann es auch keinen religiösen Rabatt geben“, sagte sie dem Tagesspiegel. Zwar ist unter Christdemokraten der Wunsch verbreitet, sich auch in der Innenpolitik durch klare Linien stärker vom sozialdemokratischen Koalitionspartner abzugrenzen. Doch wissen auch die Delegierten, dass das von Klöckner befürwortete Verbot an verfassungsrechtlichen Hindernissen scheitern könnte. Generalsekretär Peter Tauber warb am Wochenende dafür, sich bei dem komplizierten Thema mehr Zeit zu lassen und es noch nicht auf dem Parteitag zu entscheiden.

Welche Personalentscheidungen stehen an?

Der Partei, die Personalkonflikte gern geräuschlos regelt, steht eine Kampfabstimmung ins Haus. Parteichefin Angela Merkel wird aller Voraussicht nach mit einem sehr guten Ergebnis ebenso in ihrem Amt bestätigt werden wie ihre Stellvertreter Volker Bouffier, Ursula von der Leyen, Thomas Strobl, Armin Laschet und Julia Klöckner. Für die sieben weiteren Plätze im Präsidium der Partei kandidieren acht Kandidaten. Spannend wurde die Sache, weil sich der 34-jährige Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Jens Spahn dazu entschied, das Establishment der Partei ohne die übliche Empfehlung eines Landesverbandes herauszufordern. Sein Argument: Auch die Generation der unter 40-Jährigen sollte in der Spitze der Volkspartei CDU vertreten sein.

Sechs von insgesamt sieben Christdemokraten, die bisher schon im Präsidium vertreten waren, kandidieren wieder, nämlich Finanzminister Wolfgang Schäuble, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der Chef des CDU-Sozialflügels Karl-Josef Laumann, der früherer Ministerpräsident von Niedersachsen und Europaabgeordnete David McAllister, Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Berlinerin und Deutsch-Türkin Emine Demirbüken-Wegner. Wegen der Frauenquote gelten beide Politikerinnen im ersten Wahlgang als gesetzt. Um den Platz von Philipp Mißfelder, der nicht mehr antritt, bewirbt sich Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Ob Spahns Appell zur Verjüngung den Parteitag überzeugt und wer gegebenenfalls weichen muss, war im Vorfeld des Treffens völlig offen.

Welche Strategie hat Merkel gegenüber der Konkurrenz von der AfD am rechten Rand?

Nicht alle Christdemokraten sind überzeugt von Merkels Empfehlung für den Umgang mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Die Kanzlerin will der Konkurrenz rechts von der Union nur durch überzeugende Regierungsarbeit das Wasser abgraben und nicht dadurch, dass die CDU auf deren Programmatik eingeht. Genau dies forderte aber am Wochenende Stanislaw Tillich. Die CDU müsse auch über Themen reden, „die den Leuten auf der Seele brennen und sie womöglich der AfD in die Arme treiben“, sagte er dem „Spiegel“. Konkret nannte er die Frage der ansteigenden Flüchtlingszahlen und die Innere Sicherheit. Im Vorfeld des Parteitages hatte ein Bericht für Aufregung gesorgt, wonach es in Thüringen vor der Wahl des Ministerpräsidenten konkrete Absprachen zwischen CDU und AfD gegeben habe. Dies würde gegen die Beschlusslage der Bundes-CDU verstoßen, wonach es keine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei geben soll. Obwohl die Parteitagsregie den Umgang mit der AfD nicht als Thema eingeplant hat, könnte es in Köln eine Rolle spielen. Möglich ist aber auch, dass Merkel am Beispiel Thüringens die Gefahr einer rot-rot-grünen Bundesregierung beschwört und damit die Delegierten eint.

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