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Die verletzte französische Journalistin ist wieder in Frankreich gelandet.

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Angriff auf Homs: In Syrien verletzte französische Journalistin in Paris gelandet

Die verletzte französische Journalistin Edith Bouvier ist am Freitagabend in Frankreich eingetroffen. Die Armee von Präsident Assad hat unterdessen ein Viertel in Homs gestürmt, jetzt fürchten die Menschen dort Racheaktionen der Soldaten.

Die in Syrien verletzte französische Journalistin Edith Bouvier ist am Freitagabend in Frankreich eingetroffen. Bei ihrer Ankunft auf dem bei Paris gelegenen Regierungsflugplatz Villacoublay betonte Staatschef Nicolas Sarkozy: „Die syrischen Behörden werden sich vor internationalen Gerichten für ihre Verbrechen zu rechtfertigen haben.“ Bouvier war am Donnerstagabend aus der Provinz Homs in den Libanon geschmuggelt worden. Sie traf gemeinsam mit dem Fotografen William Daniels ein, der ebenfalls für die Zeitung „Le Figaro“ in Syrien tätig war.

Bouvier und der britische Fotograf Paul Conroy waren in der umkämpften Stadt Homs mit zwei Kollegen in einen Artillerieangriff geraten. Die amerikanische „Sunday-Times“-Kriegsreporterin Marie Colvin und der französische Fotograf Remi Ochlik kamen dabei ums Leben. Bouvier war nach Angaben von Oppositionellen zunächst in der Nacht zum Dienstag mit Conroy in Richtung libanesischer Grenze unterwegs. Dort seien sie von Artillerie-Einheiten Präsident Baschar al-Assads angegriffen worden. Ein Teil der Gruppe habe mit Conroy die Grenze erreicht. Ein anderer habe Bouvier, die wegen einer Beinverletzung nicht laufen kann, zurück nach Homs gebracht.

Ein Aktivist der Freien Syrischen Armee im Stadtteil Baba Amr von Homs steht hinter einem Panzer der Syrischen Armee.
Ein Aktivist der Freien Syrischen Armee im Stadtteil Baba Amr von Homs steht hinter einem Panzer der Syrischen Armee.

© dpa

Die Gegner des syrischen Regimes plagt die Sorge um die Menschen in Homs. In den vergangenen Wochen war das dortige Viertel Baba Amr zu einem Symbol des Widerstands geworden, da es vollständig von der Freien Syrischen Armee kontrolliert wurde. Doch nachdem hunderte Panzer den Stadtteil umstellt hatten und pausenlos Bomben auf Menschen und Häuser gefallen waren, stürmte am Donnerstag die Armee von Präsident Assad das Viertel. Die Deserteure flohen. Zurück blieben etwa 4000 Zivilisten, die seit Wochen unter katastrophalen Umständen leben und möglichen Racheaktionen der syrischen Armee schutzlos ausgeliefert sind. Zwar erreichte am Freitag ein Konvoi des Roten Kreuzes die Stadt, doch den Helfern wurde der Zugang zu dem zerstörten Stadtviertel verwehrt. IKRK-Präsident Jakob Kellenberger sprach von einem inakzeptablen Vorgang. In den Foren der Opposition ist von Massenfestnahmen und öffentlichen Hinrichtungen die Rede.

Bürger aus dem Viertel, die mit westlichen Medien zusammenarbeiten, schilderten in den vergangenen Tagen über Skype die große Not der Menschen in Baba Amr, das zuletzt komplett von der Außenwelt abgeschnitten war. Zwar konnten Sanitäter des Roten Kreuzes vor einer Woche zwanzig Verwundete aus dem Armenviertel evakuieren. Doch dies, sagt Rami, der wie die anderen Menschen in dieser Geschichte einen Tarnnamen trägt, sei die absolute Ausnahme gewesen. Das Bombardement habe während der Evakuierung auch nicht ausgesetzt. Am vergangenen Mittwoch dann zerstörten die Bomben das letzte verbliebene Feldlazarett in Baba Amr. Satellitenfotos beweisen nach Ansicht von Menschenrechtlern, dass es dort ein Blutbad gegeben hat. „Die Satellitenbilder und die Zeugenaussagen zeigen das Ausmaß einer ungezügelten Brutalität in Baba Amro“, sagte HRW-Nahostchefin Sarah Leah Whitson. Die Aufnahmen aus dem All, die aus einer zivilen Quelle stammten, zeigten 950 Krater von Granateneinschlägen in dem Viertel.

Aber nicht nur der ständige Beschuss, sondern auch fehlende Lebensmittel und Mangel an Wasser bedrohten die Menschen – und tun es immer noch. „Wenn wir nicht durch die Granaten sterben, dann dadurch, dass wir nichts zu Essen haben“, beschrieb der Aktivist Abu Abdel in den vergangenen Tagen die Lage. Er berichtete von mehreren Personen, die versucht hatten, Lebensmittel nach Baba Amr zu schmuggeln. Mindestens einer von ihnen sei erschossen, die anderen seien verhaftet worden. Langsam gehe auch das Trinkwasser aus. Die Wassertanks, die sich auf Hausdächern befinden, seien durch die Mörser- und Raketenangriffe größtenteils zerstört worden. Vielen Menschen in Baba Amr bleibt jetzt offenbar nichts anderes übrig, als Regenwasser zu trinken.

Allerdings sind die Informationen nicht vollständig, da kaum unabhängige Journalisten nach Syrien reisen dürfen. Derweil berichten die Skype-Botschaften von einem weiteren großen Problem – der mangelnden medizinischen Versorgung. Verletzte werden demnach in Wohnungen mit Küchenmesser, Bindfaden und Nähnadel operiert, größtenteils von Krankenschwestern oder medizinischen Laien. Der ohnehin schon spärliche Vorrat an Medikamenten ist fast vollständig aufgebraucht, heißt es. Operationen müssten deshalb ohne Desinfektion oder Betäubungen durchgeführt werden. Der Aktivist Rami berichtet, meistens seien diese Operationen nicht erfolgreich. „Die Menschen sterben, und wir können nichts dagegen tun. Es gibt einen so großen Mangel an Medikamenten.“ Er berichtet von Aktivisten, denen es gelang, einen Beutel mit Medikamenten in das belagerte Viertel Baba Amr zu schmuggeln. Auch für so geringe Mengen seien die Einwohner dankbar. (mit dpa)

Robert Clausen

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