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Politik: Angriff aus dem Off

Browns Demontage geht weiter – jetzt wird vernichtende Kritik von Blair aus dem Jahr 2007 lanciert

Misstöne bringen Dirigenten zur Verzweiflung. Manchmal sind es aber genaue jene Misstöne, die fein orchestriert eine melodiöse Komposition ausmachen. Bloß gefällt das nicht jedem Zuhörer. Der britische Premierminister Gordon Brown dürfte im Moment wenig Freude am Zuhören haben. Denn das, was seine innerparteilichen Widersacher an lauten und leisen Trompetenstößen, die allesamt zum Anti-Brown-Refrain gehören, in die Öffentlichkeit hinausblasen, ist nichts anderes als ein ausgeklügelter Plan.

Es geht darum, den Labour-Chef zu Fall zu bringen. Nachdem vergangene Woche erst Außenminister David Miliband mit einem Essay Brown indirekt angegriffen hat, ist es jetzt Browns Vorgänger Tony Blair, der den nächsten lauten Paukenschlag gesetzt hat, um den Druck auf seinen Nachfolger zu erhöhen. Wenngleich er sich nicht selbst zu Wort gemeldet hat, sondern die britische Zeitung „Mail on Sunday“ ein Memorandum veröffentlichte, das er vor knapp einem Jahr einem Labour-Freund geschrieben hat.

In dem Dokument lässt Blair seinem gesamten Frust über Brown freien Lauf. „Geistlos und leer“ sei Brown. Seine Politik sei geprägt von einer „beklagenswerten Konfusion der Strategie und Taktik“. Statt auf den eigenen Erfolgen von zehn Jahren Labour-Regierung aufzubauen, habe Brown nur versucht, eine Anti-Blair-Stimmung aufzubauen. Blair schreibt in dem Memo, das er kurz nach dem viel kritisierten Labour-Parteitag im vergangenen September verfasste, von sich selbst in der dritten Person als TB. „Wir haben nur TBs politische Agenda schlechtgeredet, aber nichts an dessen Stelle anzubieten“, beklagt sich Blair über die Parteilinie. Der ehemalige britische Premierminister ist zurzeit im Ausland unterwegs. Sein Sprecher versicherte, dass Blair „hundertprozentig die Regierung Gordon Browns unterstützt“. Die Authentizität des Memos wollte er nicht kommentieren. Britische Medien bewerten das Dokument aber als sehr glaubwürdig.

Ein weiterer Angriff auf Gordon Brown, der noch eine Woche im Urlaub ist, kommt unterdessen von Stephen Byers, ehemaliger Transportminister im Kabinett Blair. Er beklagt in der Tageszeitung „Guardian“, dass die politischen Projekte Browns eher einem „sonntäglichen Spaziergang“ glichen. Vielmehr müsse die Regierungspartei neue, „kühne“ und „ambitionierte“ Politik machen, die „Labour wieder in die Offensive und die Tories in die Defensive bringt“, sagt Byers. Ausdrücklich unterstützte er die Forderung von David Miliband, die „Partei zu erneuern“. Als Zeichen dafür, dass Miliband Brown herausfordern könnte, wird auch die Tatsache angesehen, dass der Außenminister eine Indien-Reise absagte, ohne Gründe zu nennen. Es wird vermutet, dass er jetzt, da die Angriffe auf Brown zunehmen, im Land sein will.

Allerdings gibt es auch Hoffnung für Brown. Immerhin drei Minister, darunter auch Schatzkanzler Alistair Darling, haben sich in BBC-Interviews hinter den Premier gestellt und die Angriffe auf ihn scharf kritisiert. Und die Bevölkerung hat Miliband auch noch nicht von sich überzeugt. Laut einer Umfrage des Instituts YouGov hält nur eine von sieben Personen Miliband für fähig, Premierminister zu werden.

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