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Ein ausgebrannter Tanklaster nach dem Angriff. Über 90 Menschen starben dabei.

© dpa

Angriff in Kundus: Gericht sichtet Video vom Bombardement

Erstmals beschäftigt sich die Justiz genauer mit den Luftschlägen in Afghanistan vor vier Jahren. Auch der damalige Befehlshaber Klein könnte noch vernommen werden.

Berlin - Vier Jahre nach dem Luftangriff auf Tanklaster im afghanischen Kundus beschäftigt sich an diesem Mittwoch erstmals ein Gericht mit den Details des Bombardements. Das Bonner Landgericht will in einer Beweisaufnahme ein mögliches Fehlverhalten untersuchen, für das die Bundesrepublik haften müsste. Bei dem vom damaligen deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Angriff waren mindestens 90 Menschen getötet worden, darunter Kinder. Die Kammer will sich das von den US-Kampfjets aufgenommene Videomaterial ansehen, aufgrund dessen Klein damals seinen Befehl gegeben hatte. Auch sollen die aufgezeichneten Gespräche zwischen dem deutschen Fliegerleitoffizier und den US-Piloten erörtert werden. Ob noch Zeugen zu vernehmen sind, will das Gericht erst nach Sichtung der Videos entscheiden.

Entschädigung bisher nur als humanitäre Leistung

Die Bundesregierung hat bisher rund 3800 Euro Schadenersatz pro Opfer als humanitäre Leistung an die jeweiligen Familien gezahlt. Die Angehörigen fordern dagegen mehrere Zehntausend Euro. Eine rechtliche Verpflichtung bestreitet die Bundesregierung bisher. Strafrechtliche Ermittlungen gegen den mittlerweile zum General beförderten Oberst Klein stellte der Generalbundesanwalt ein.

Die Richter hatten bereits angedeutet, den Argumenten der Regierung nicht folgen zu wollen. Nach vorläufiger Würdigung sei die Klage weder unzulässig noch ohne Weiteres unbegründet, hieß es. Klein könne mit seinem Handeln gegen die Verpflichtungen zum Schutz der Zivilbevölkerung gemäß der Genfer Konventionen verstoßen haben.

Beschluss aus Karlsruhe könnte Klägern helfen

Sollte die Beweisaufnahme fortgesetzt werden, könnte auch Klein als Zeuge vernommen werden. Ihm wird im Untersuchungsbericht des Bundestags vorgeworfen, die Bombardierung unter Verstoß gegen Nato-Regeln befohlen und „bewusst wahrheitswidrig“ eine Gefechtssituation vorgespiegelt zu haben. Dies könnte für die Schadenersatzpflicht eine Rolle spielen. In einem Beschluss zu Klagen von Nato-Opfern im Kosovokrieg hatte das Bundesverfassungsgericht im August deutlich gemacht, dass eine Haftung nicht einfach mit Hinweis auf militärische Entscheidungsspielräume abzulehnen sei. Den Klägern im Kundus-Verfahren dürfte es damit leichter fallen, ihre Ansprüche zu begründen.

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