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Update

Griechenland-Krise: Angst um den Euro: Die Krise wächst – die Hilfe auch

Griechenlands Schuldenkrise nimmt immer dramatischere Ausmaße an und setzt die EU unter massiven Handlungsdruck, um ein Übergreifen auf andere Staaten zu verhindern.

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Berlin - Die Krise der Euro-Zone hat sich am Mittwoch massiv verschärft. Nach Griechenland und Portugal stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s auch Spanien herab. Damit wächst die Angst vor einem Dominoeffekt, der auch noch andere schwächelnde Mitglieder der Euro-Zone in Schwierigkeiten bringen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte, dass Deutschland seinen Verpflichtungen für die Stabilität des Euro- Raumes nachkomme. Zudem war am Mittwoch bekannt geworden, dass Athen zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld braucht als bisher angenommen.

Griechenlands Schuldenkrise setzt die EU unter massiven Handlungsdruck. Das Hilfspaket der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat nach Angaben von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) in drei Jahren ein Volumen von 135 Milliarden Euro. Damit geht der Finanzbedarf weit über die bekannten 45 Milliarden Euro für dieses Jahr hinaus. Die jährliche Belastung für Deutschland liege aktuell bei 8,4 Milliarden Euro, sagte Brüderle. Die Risiken könnten aber weit größer sein: „Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einer „erheblichen Summe“, meinte aber gegenüber dem „Westfalen-Blatt“: „Die Experten gehen davon aus, dass die Summen für 2011 und 2012 niedriger ausfallen.“ Kanzlerin Merkel wollte sich zu den Spekulationen über die Höhe der Hilfen nicht äußern. Sie verwies am Abend in Berlin auf den Abschluss der Verhandlungen des IWF mit Griechenland. Danach werde man den Umfang der notwendigen Unterstützung sehen. Erneut stellte Merkel klar, dass Deutschland helfen wird. „Ich glaube, dass der Umgang mit dem Beispiel Griechenland gerade zeigt, dass jeder weiß, dass man bei Staaten dieselbe Situation wie bei Lehman Brothers nicht zulassen darf“.

Griechenland hatte Ende vergangener Woche um internationale Hilfe gebeten. Bislang wollten der IWF in diesem Jahr 15 Milliarden Euro und die EU 30 Milliarden Euro zahlen. Nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s am Dienstag das Rating von Griechenland auf Ramschniveau gesenkt hatte, hatte sich der Druck auf griechische Papiere erneut verstärkt. Athen braucht bis spätestens zum 19. Mai um die neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen.

Die Bundesregierung plant, die Hilfen noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai durch Bundestag und Bundesrat zu bringen. Das verlautete aus Koalitionskreisen. Notfalls soll die Länderkammer zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die SPD werde sich diesem Verfahren nicht verweigern, da die Zeit dränge, hieß es in der Partei. Am 10. Mai kommen die Regierungschefs der Euro-Länder zum Krisengipfel zusammen, um ihr Hilfspaket zu beschließen.

Finanzminister Schäuble sowie die Chefs des IWF und der Europäischen Zentralbank (EZB) appellierten am Mittwoch dringend an den Bundestag, eine rasche Lösung zu ermöglichen. „Hier ist höchste Eile angesagt, da muss auch das deutsche Parlament schnell handeln“, sagte EZB-Chef Jean-Claude Trichet. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn warnte, jeder verlorene Tag bedeute, „dass sich die Situation weiter verschlechtern wird, und zwar nicht nur in Griechenland, sondern in der EU“. Dies werde dann auch Konsequenzen außerhalb der EU nach sich ziehen. Die drei hatten zuvor die Fraktionsspitzen informiert.

SPD und Grüne knüpften ihre Zustimmung an Bedingungen. Die Sozialdemokraten forderten durchgreifende Maßnahmen gegen die Spekulation auf Devisen- und Finanzmärkten sowie eine Beteiligung der Banken. In diesem Zusammenhang brachte SPD-Chef Sigmar Gabriel eine Finanzmarktsteuer ins Spiel. Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin forderte eine Zweckbindung und Erhöhung der geplanten Bankenabgabe.

Unterdessen wächst die Sorge, dass auch Portugal in eine ähnliche Notlage kommen könnte. Zwar habe Portugal kein Liquiditätsproblem, dennoch seien Hilfen der Euro-Staaten wahrscheinlich, sagte Daniel Gros, der Direktor der Brüsseler Denkfabrik „Centre for European Policy Studies“, dem Tagesspiegel. „Wenn die Märkte den Portugiesen kein Geld mehr geben wollen, dann bleibt als letzte Möglichkeit nur noch die EU übrig.“ Am Dienstag hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Portugals um zwei Noten herabgestuft. Das Land kündigte am Mittwoch an, seinen Sanierungsplan zu beschleunigen.

International erlitten die Aktienmärkte Verluste. „Die Märkte sind mit voller Wucht von der Problematik in den angeschlagenen EU-Ländern getroffen worden“, sagte Chefhändler Matthias Jasper von der WGZ Bank. In den vergangenen Tagen sei dies „doch etwas unterschätzt“ worden. Das zu verarbeiten, dürfte nicht allzu leicht werden. Es drohe eine Ausweitung auf die Portfolios der Versicherer und Hypothekenbanken, die ja angeblich ihre Risiken heruntergefahren haben. „Statt Aktien schlummern darin nun möglicherweise auch leidende Anleihen“, warnte Jasper. Der Euro fiel auf einen der niedrigsten Stände seit einem Jahr.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärte in Tokio, die Verhandlungen um die Hifen seien „auf dem richtigen Weg.“ Es sei keine Rede von einer Umschuldung. Nach Einschätzung des wirtschaftsnahen Forschungsinstitutes IW Köln ist ein Umschuldungsprozess aber kaum zu vermeiden.

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