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Politik: Angst ums Erbe

Florenz befürchtet Zerstörungen durch Globalisierungsgegner

Prinz Charles wird sich während seines Besuchs in diesen Tagen in Florenz sehr sicher fühlen. Das historische Zentrum der Stadt wird rund um die Uhr von rund 2000 Polizisten, Soldaten und Agenten in Zivil bewacht. Auf zahlreichen Gebäuden wurden Videokameras installiert, die Plätze und wichtige Straßen überwachen sollen.

Doch die Sicherheitsstufe Nummer eins gilt nicht dem britischen Thronfolger. Am Mittwoch beginnt in Florenz das Sozialforum, ein Treffen globalisierungskritischer Gruppen. Und mit ihm sieht das rechte Wochenmagazin „Panorama“ eine „Protestlerflut“ auf die Hauptstadt der Toskana zurollen: Etwa 150 000 Globalisierungsgegner werden erwartet, allein 3000 haben sich aus Deutschland angemeldet.

Das Sozialforum findet zum ersten Mal in Europa statt. Das letzte Treffen im brasilianischen Porto Allegre verlief weitest gehend friedlich. Die Regierung in Rom befürchtet aber, dass es wie im vergangenen Jahr in Genua beim G-8-Treffen zu schweren Zusammenstößen zwischen Ordnungskräften und gewalttätigen Demonstranten, den so genannten Black Blockers, kommen könnte. Ministerpräsident Silvio Berlusconi wollte deshalb das Treffen in Florenz noch vor wenigen Tagen verbieten lassen, doch der Florentiner Bürgermeister konnte sich mit dem Argument durchsetzen, dass die Vorbereitungen schon abgeschlossen und die ersten Globalisierungskritiker bereits eingetroffen seien.

Doch auch unter vielen Florentinern sorgt die Entscheidung der Stadt , gegen den Willen der Regierung das Sozialforum durchzuführen, für Unruhe. Einige Geschäftsinhaber in der Innenstadt wollen aus Furcht vor möglichen Zerstörungen ihre Läden geschlossen halten. Die Sprecherin des Florentiner Adels, Bona Frescobaldi, meint, es sei ein „Skandal, dass so ein Treffen ausgerechnet in einer Stadt voller historischer Monumente stattfindet“. Die Linksparteien, aber auch der Bischof von Florenz, begrüßen hingegen das Treffen. Bischof Ennio Antonelli erinnerte an das „heilige und demokratische Recht auf Meinungsäußerung“.

Thema des Sozialforums sind die negativen Folgen einer ausschließlich wirtschaftspolitisch verstandenen Globalisierung. Die Organisatoren wollen mit Konferenzen und Debatten an die Verantwortung der Regierungen für eine Globalisierung in Sachen Menschenrechte, Ernährung, Gesundheit und Bildung erinnern. An der Auftakt-Veranstaltung am Mittwoch wird auch Literaturnobelpreisträger Dario Fo teilnehmen. Am Samstag ist eine Großdemonstration durch die Florentiner Innenstadt geplant. Das Innenministerium befürchtet vor allem an diesem Tag Krawalle. Die Organisatoren des Sozialforums distanzierten sich bereits von möglichen Störenfrieden. An den italienischen Grenzen werden seit Montag Kontrollen durchgeführt, um gewaltbereite Demonstranten nicht ins Land zu lassen.

Thomas Migge[Florenz]

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