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Politik: Angst vor dem schwarzen Loch

Tschechien stimmt für den EU-Beitritt – nicht nur die Jungen, sondern auch sehr viele Alte

Die Rechnung ist voll aufgegangen. Bewusst hatte Tschechien sein EU-Referendum spät terminiert und andere Länder vorangehen lassen: Von den Slowenen, den Slowaken und den Ungarn, die von vorneherein als eindeutige Befürworter eines Beitritts zur Union gegolten hatten, erhoffte Tschechien sich eine Motivation der eigenen, eher europaskeptischen Bevölkerung. Und zuletzt hat wohl das unerwartet eindeutige Votum der auch nicht gerade EU-euphorischen Polen noch etliche Tschechen zum „Ja" bewogen. Man war sich der Tatsache bewusst, Regierungspolitiker hatten das in ihren Reden unterstrichen, dass Tschechien bei einem Nein zur EU als einziger Staat ein „schwarzes Loch" inmitten des Kontinents bliebe.

Erste Analysen des Ergebnisses zeigten, dass die Zustimmung übers ganze Land relativ einhellig ausgefallen ist. Die Schwankungsbreite lag nur zwischen 73,8 Prozent im nordböhmischen Liberec/Reichenberg und 80,4 Prozent in Südmähren. Zur Überraschung der Meinungsforscher, die die höchste Zustimmung erwartungsgemäß bei jungen, gebildeten, städtischen Bürgern registrierten (88 Prozent), sorgten viele Ältere und Bürger auf dem Land für ein „Ja" quer durch die Bevölkerungsschichten.

Unerwartet europafreudig – 90 Prozent Zustimmung – zeigten sich die Anhänger der Demokratischen Bürgerpartei, der größten oppositionellen Kraft im Land. Sie hatte vor dem Referendum zwar offiziell ein „Ja" empfohlen, sich aber schillernd verhalten. Der frühere Chef der Partei, Staatspräsident Vaclav Klaus, hatte es abgelehnt, eine Empfehlung zugunsten der EU abzugeben. Er sagte auch nach seiner Stimmabgabe nicht, wie er gewählt hatte. Die Sozialdemokraten von Regierungschef Vladimir Spidla jubelten nicht nur über die Zustimmung von 87 Prozent ihrer Anhänger. Sie deuteten das EU-Votum sowohl dem Ergebnis als auch der Wahlbeteiligung nach als Bestätigung für ihre Politik. Die Beteiligung war das große Fragezeichen, das zuletzt über dem Volksentscheid gestanden hatte. Nun übertrifft Tschechien mit 55,2 Prozent sogar seine so „EU-freudigen" Nachbarn. In der Slowakei waren 52,2 Prozent, in Ungarn gar nur beschämende 45,6 Prozent zu den Urnen gegangen. In Polen waren es 58 Prozent.

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