zum Hauptinhalt
Demonstranten in Kabul protestieren am Donnerstag (20. September).

© dpa

Update

Angst vor gewaltsamen Protesten: Westliche Staaten befürchten Vergeltung für Mohammed-Film

Die teils gewaltsamen Proteste in der muslimischen Welt sind auch am Donnerstag weitergegangen. Was passiert morgen, nach den Freitagsgebeten? Nicht nur die USA befürchten Vergeltung.

Aus Sorge vor neuen Protesten bleiben an diesem Freitag zahlreiche deutsche Botschaften in der islamischen Welt komplett geschlossen. Darüber hinaus wird nach Angaben von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zusätzlicher Schutz für andere deutsche Einrichtungen geprüft. Wegen eines islamfeindlichen Videos über den Propheten Mohammed hatte ein Mob vor einer Woche die deutsche Botschaft in Sudans Hauptstadt Khartum in Brand gesetzt. Zudem gibt es Sorgen wegen der Veröffentlichung von neuen Mohammed-Karikaturen in Frankreich.

In der islamischen Welt sind viele Botschaften freitags ohnehin geschlossen. In mehreren Ländern bekamen die deutschen Diplomaten jetzt aber zusätzlich die Anweisung, den Botschaften unbedingt fernzubleiben. Über weitere Schließungen werde „lageabhängig“ entschieden, sagte Westerwelle. „Das kann sich auch sehr kurzfristig ergeben.“ Zugleich bekräftigte er: „Keine Karikatur und kein noch so schändliches Video rechtfertigen Gewalt gegen unsere Botschaften und Auslandsvertretungen.“

Video: Gericht weist Klagen gegen Mohammed-Film ab

Angesichts erwarteter neuer Proteste haben auch die USA Maßnahmen ergriffen: Sie schließen am Freitag ihre diplomatischen Vertretungen in Indonesien. Es seien neue „große Demonstrationen vor unseren Einrichtungen“ zu erwarten, teilte die Botschaft in Jakarta am Donnerstag mit. In den vergangenen Tagen hatten in dem größten muslimischen Land Gläubige gegen den in den USA produzierten Film protestiert. Die US-Vertretung in der Stadt Medan ist deshalb schon seit Mittwoch geschlossen.

Auch am Donnerstag kam es bereits zu Protesten gegen den Film und die Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen im französischen Satiremagazin „Charlie Hebdo“. Rund 300 Studenten skandierten bei einer Kundgebung in der afghanischen Hauptstadt Kabul „Tod Frankreich, Tod den USA“, wie ein AFP-Fotograf berichtete. An einem anderen Ort in Kabul kamen ebenfalls Hunderte zu einer weiteren Demonstration zusammen. Beide Kundgebungen verliefen demnach ohne Zwischenfälle.

In Bildern: Demonstranten stürmen die Botschaft in Khartum

In der iranischen Hauptstadt Teheran sind Studenten vor die französische Botschaft gezogen, um gegen die jüngst veröffentlichten Mohammed-Karikaturen zu protestieren. In Sprechchören wünschten die Demonstranten Frankreich und Amerika den Tod, wie die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete. Auf Plakaten forderten die etwa 100 Studenten die französische Bevölkerung zudem auf, von ihrer Regierung mehr Respekt gegenüber anderen Religionen einzufordern. Die Proteste wurden von Sicherheitskräften überwacht.

Die USA befürchten ebenfalls weitere Proteste als Vergeltung für die in einem französischen Satiremagazin veröffentlichten Mohammed-Karikaturen. Die Zeichnungen seien „zutiefst beleidigend“ für manche Gläubige und hätten das Potenzial, einen Aufruhr zu entzünden, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington. Gegen das Magazin „Charlie Hebdo“ wurde derweil eine Klage eingereicht. Das deutsche Magazin „Titanic“ will trotz der anhaltenden Protestwelle in der muslimischen Welt Ende September ebenfalls eine Islam-Ausgabe herausbringen.

Video: Satireblatt druckt Mohammed-Karikaturen

„Charlie Hebdo“ hatte am Mittwoch eine Reihe von Zeichnungen gedruckt, die sich auf „The Innocence of Muslims“ beziehen, jenen islamfeindlichen Schmähfilm, der zu weltweiter Gewalt und Protesten von Muslimen geführt hat. Die französische Staatsanwaltschaft teilte mit, wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Karikaturen sei eine Klage eingereicht worden, machte aber keine Angaben zum Kläger. Überdies leitete sie Ermittlungen ein, weil die Internetseite des Magazins offenbar gehackt worden war.

Aus Angst vor Vergeltung für die Veröffentlichung der Karikaturen kündigte die Regierung in Paris an, weltweit rund 20 Botschaften, Konsulate und Schulen zu schließen. Außenminister Laurent Fabius kündigte am Mittwoch im Radiosender France Info an, dass die diplomatischen Vertretungen Frankreichs am kommenden Freitag geschlossen bleiben sollten, und auch Deutschland will die Sicherheitsvorkehrungen angesichts der Proteste verstärken.

Wie Außenamtssprecher Andreas Peschke in Berlin mitteilte, soll zu einzelnen deutschen Vertretungen zusätzliches Personal geschickt werden. Ob am Freitag die deutschen Botschaften in muslimischen Ländern ebenfalls geschlossen werden, ließ er allerdings offen.

In Bildern: Die gewalttätigen Proteste in der muslimischen Welt

Die mögliche Veröffentlichung einer Islam-Ausgabe im deutschen Satire-Blatt „Titanic“ könnte die Wut der Demonstranten auch wieder auf Deutschland lenken. Auf dem Entwurf des Titelblatts soll einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ zufolge Bettina Wulff in den Armen eines islamischen Kriegers mit Turban und Schwert zu sehen sein, der offenbar den Propheten Mohammed darstellen soll. „Der Westen in Aufruhr - Bettina Wulff dreht Mohammed-Film!“ soll die Schlagzeile lauten.

Video: Alarmstufe Gelb

„Titanic“-Chefredakteur Leo Fischer verteidigte auch die in der französischen Satirezeitung „Charlie Hebdo“ erschienen Mohammed-Karikaturen und nannte sie eine richtige Reaktion auf die „wahnsinnigen Ausschreitungen“. „Satire darf und muss alles“, sagte Fischer.

In zahlreichen muslimisch geprägten Ländern in Afrika und Asien gab es am Mittwoch erneut massive Proteste. Zehntausende Menschen gingen in der libanesischen Hafenstadt Tyros auf die Straßen und riefen „Oh, Amerika, du bist Gottes Feind“. Seit dem Beginn der Ausschreitungen am 11. September in mehr als 20 Ländern wurden durch Gewalt mindestens 30 Menschen getötet, darunter der US-Botschafter in Libyen. (AFP, dapd, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false