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Politik: Angst vor zu viel Gefühl

Becksteins Äußerungen zur Zuwanderung finden sich in der Wahlkampfstrategie der CDU so nicht wieder

Berlin - Was hat er eigentlich gesagt, der bayerische Innenminister Günther Beckstein? Seine Worte klangen markig: Dass die bevorstehende Wahl richtungsentscheidend dafür sei, „wie wir die demographischen Probleme Deutschlands lösen wollen“. Zur Wahl stehe eine Politik „massenhafter Zuwanderung, wie weite Teile von Rot-Grün planen“, oder eine Politik „ohne Zuwanderung, dafür mit aufwändiger Familienpolitik, längerer Lebensarbeitszeit und permanenter Fortbildung, wie die Union verlangt“.

Jenseits der starken Begriffe indes hat der CSU-Kandidat für den Posten des Bundesinnenministers gar keine konkrete Kurskorrektur angemeldet. Kein Wort über das Zuwanderungsgesetz. Kein Argument gegen eine verstärkte Integration hier lebender Ausländer. Und der Spitzenmann der CDU für die Innenpolitik, Wolfgang Bosbach, versicherte am Montag, man wolle das rot-grüne Zuwanderungsgesetz, das gerade erst in Kraft getreten ist, gar nicht grundsätzlich in Frage stellen.

Die Zuwanderung ist zwar Thema in der Vorlage, die die innenpolitischen Experten der Union an die Wahlkampfzentrale weitergereicht haben. Doch statt das Gesetz wieder zu kippen, haben die Innenpolitiker „einzelne Aspekte“ notiert, mit denen über das Zuwanderungsgesetz hinaus nachgesteuert werden soll. Da ist etwa eine zivilrechtliche Regelung angedacht, um Scheinehen und Scheinvaterschaften nachgehen zu können. Die Union fordert eine Visa-Warndatei. Und die Zuwanderung über die europäische Dienstleistungsrichtlinie müsse man in den Griff bekommen. „Es geht um die Verhinderung von Missbrauch und die Schließung von Rechtslücken“, fasst Bosbach den internen Diskussionsstand zusammen. Nicht darum, „unnötig Emotionen“ zu schüren.

Doch Beckstein hat die Nerven bereits gereizt. „Das sind Vorstöße, die an der Realität völlig vorbei gehen und offenkundig nur das Ziel haben, im Wahlkampf die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren“, sagte Max Stadler, Innenpolitiker beim potenziellen Koalitionspartner FDP. „Es gibt überhaupt niemanden, der massenhafte Zuwanderung nach Deutschland befürworten würde.“ Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, nannte den Vorstoß Becksteins erschreckend. Er „verschlechtert nicht nur das soziale Klima, sondern verklebt auch den Blick auf ökonomische Notwendigkeiten“, sagte er dem Handelsblatt. Die Wirtschaft brauche dringend etwa Hochqualifizierte und Unternehmer aus dem Ausland.Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die Grüne Marieluise Beck, hat die jüngste Diskussion eine „Phantomdebatte“ genannt. Die Zahl der Einwanderer gehe stetig zurück.

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