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Politik: Ankara bekommt eigenen Sektor im Irak

USA bitten die Türkei um 16 000 Soldaten und gehen dafür auf alle Forderungen ein /Pakistanische Truppen in den Norden

Istanbul. In ihrem Werben um internationale Militärhilfe für die Stabilisierung des Irak haben die USA der Türkei einen eigenen Sektor in dem Nachbarland zugesagt. Wie am Donnerstag in Ankara bekannt wurde, hat die amerikanische Regierung die Türkei um die Stationierung von 16 000 Soldaten im Irak gebeten und die Erfüllung aller türkischer Bedingungen für den Einsatz zugesagt.

Die türkische Regierung hatte die Entsendung von 10 000 Soldaten in Aussicht gestellt, die unter türkischem Oberbefehl stehen und einen eigenen Sektor kontrollieren müssten. Das Kabinett will am Montag über den Einsatz entscheiden und das Parlament zu einer Sondersitzung einberufen. In der Volksvertretung, die der Entsendung zustimmen müsste, ist der Einsatz umstritten.

In ihrer Antwort auf die türkischen Bedingungen für den Einsatz ging die US-Regierung auf alle Forderungen ein und fügte noch neue Anreize hinzu. Das türkische Kontingent soll demnach einen eigenen Sektor im Zentrum des Irak verwalten, der sich nördlich und westlich von Bagdad erstrecken würde und in dem auch mazedonische, aserbaidschanische und albanische Soldaten stationiert würden. Die türkischen Truppen sollen nicht dem US-Oberbefehl unterstellt werden; bei der Finanzierung will Washington der Türkei unter die Arme greifen.

Besondere Freude löste in Ankara der in dem Antwortschreiben übermittelte US-Vorschlag aus, im Nordirak pakistanische Soldaten zu stationieren. „Die betrachten wir fast als unsere eigenen Leute“, hieß es in Regierungskreisen. Die Kontrolle über den Nordirak ist für Ankara ein besonders heikles Thema, weil die Türkei dort die Abspaltung eines Kurdenstaates vom Irak befürchtet, der die eigene kurdische Bevölkerung rebellisch machen könnte. Türkische Truppen kommen für den Nordirak nicht in Frage, weil sie von der kurdischen Bevölkerung abgelehnt würden. Mit Pakistan als engem Verbündeten hätte Ankara dort einen Sachwalter.

Ein möglicher Kurdenstaat an ihrer Grenze ist angesichts des Chaos im Irak inzwischen nicht mehr die einzige Sorge der Türkei, die auch keinen weiteren schiitischen Gottesstaat und kein unregierbares Terrornest in ihrer Nachbarschaft sehen will. „Wenn es beim Nachbarn brennt, können wir nicht tatenlos zusehen“, sagte deshalb der Generalstab über die geplante Truppenentsendung, mit der sich die Regierung politischen Einfluss auf die Entwicklung im Irak verschaffen will.

In der türkischen Bevölkerung bleibt die Truppenentsendung dagegen weiterhin unpopulär. Die Parlamentsentscheidung über den Einsatz dürfte für die Regierung deshalb zur Kraftprobe werden. Anders als beim Votum gegen die US-Truppenstationierung im März hat die Regierung diesmal aber die ausdrückliche Unterstützung des Militärs. Zudem hat sie seit März weitere Sitze im Parlament hinzugewonnen und will diesmal auch nicht auf die Fraktionsdisziplin verzichten. Eine Zustimmung der Volksvertretung gilt daher zwar als schwierig, aber nicht als unmöglich.

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