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Anna Politkowskaja: Moskauer nehmen Abschied

Drei Tage nach ihrer Ermordung ist die russische Journalistin Anna Politkowskaja in Moskau beigesetzt worden. Russlands Präsident Putin spielte die Bedeutung Politkowskajas herunter.

Moskau - An dem Begräbnis nahmen neben zahlreichen Menschenrechtlern und Journalisten auch die Botschafter aus Norwegen, Schweden und der USA teil. Nach Schätzungen der Polizei legten rund 3000 Menschen Blumen am Sarg der 48-jährigen Politkowskaja nieder, bevor die Journalistin auf dem Trojekurowskoe-Friedhof im Westen der russischen Hauptstadt bestattet wurde.

Putins Menschenrechtsbeauftragter, Wladimir Ljukin, war neben dem Vize-Kulturminister der einzige Regierungsvertreter, der an der Feier teilnahm. Ljukin sagte, er habe die Behörden bereits mehrfach an höchster Stelle auf die gefährliche Lage für Journalisten hingewiesen. Die Situation ändere sich jedoch nicht, sondern werde "immer schlimmer und schlimmer". Die ehemalige Leiterin des unabhängigen Fernsehsenders Ren-TV, Irena Lesnewskaja, sagte, mit Politkowskaja werde eine "Ära von Gewissen, Wahrhaftigkeit und Freiheit" zu Grabe getragen.

Putin spielt Politkowskajas Rolle herunter

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte bei seinem Besuch in Dresden die Aufklärung des "abscheulichen" Verbrechens zu, spielte jedoch zugleich die Bedeutung Politkowskajas in Russland herunter. Putin sagte nach seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Politkowskaja sei vor allem Menschenrechtlern und im Westen bekannt gewesen. In Russland selbst sei ihr politischer Einfluss dagegen "extrem unbedeutend" und "minimal" gewesen. Der Mord an der 48-Jährigen schade Russland und den Behörden in Tschetschenien mehr, als ihre Artikel es vermocht hätten, sagte Putin. Zugleich betonte er, es handele sich um ein "in seiner Grausamkeit abscheuliches" Verbrechen, das nicht unbestraft bleiben dürfe.

Merkel sagte, Putin habe ihr noch einmal versichert, "dass alles getan wird, um diesen Mord aufzuklären". Dies sei ein "notwendiges Zeichen", um deutlich zu machen, dass die Freiheit zu berichten und zu schreiben eine "ganz wichtige Eigenschaft von Ländern ist, in denen die Demokratie sich entwickelt". Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU) sagte der "Netzeitung", dieser "politische Mord" sei "nur die Spitze des Eisbergs". Es werde deutlich, wie die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland gefährdet seien.

Polizei sucht nach fünf Männern

Nach einem Bericht der Tageszeitung "Komsomolskaja Prawda" sucht die Polizei nach mindestens fünf Tätern. Vier der fünf Gesuchten - zwei Frauen und zwei Männer - hätten Politkowskaja vor der Tat beschattet, hieß es. Der Mörder habe fünf Schüsse auf die 48-Jährige abgegeben und sie viermal getroffen.

Politkowskaja war am Samstag in ihrem Wohnhaus in Moskau erschossen worden. Die Journalistin und Schriftstellerin hatte sich mit ihrer regierungskritischen und mutigen Berichterstattung vor allem über den Tschetschenien-Krieg weltweit einen Namen gemacht. (tso/AFP)

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