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Politik: Annan fordert Ende von Israels Offensive

Neun weitere Palästinenser im Gazastreifen getötet / Arafats Fatah verliert Kontrolle an die Hamas

Israelische Soldaten haben am Montag im Norden des Gazastreifens bei ihrer Offensive gegen militante Palästinenser acht Menschen getötet. Zudem sei ein 14-jähriges Mädchen tödlich getroffen worden, als ein Soldat aus einem Hubschrauber auf Bewaffnete geschossen habe, teilte ein Krankenhaus mit.

Angesichts der hohen Zahl von Opfern hat UN-Generalsekretär Kofi Annan ein Ende der Offensive gefordert. Der Einsatz habe „zum Tod zahlreicher Palästinenser geführt, unter ihnen viele Zivilisten einschließlich Kinder“, erklärte Annan am Sonntag in New York. Er verlangte von der Autonomiebehörde, „den Abschuss von Raketen auf Israel durch militante Palästinenser zu stoppen“. Der UN-Generalsekretär erinnerte beide Konfliktparteien an ihre „rechtliche Verpflichtung, alle Zivilisten zu schützen“.

Im umkämpften Flüchtlingslager Dschebalija und in der benachbarten Stadt Beit Hanoun droht nun eine humanitäre Katastrophe. Doch die israelische Armee und die Hamas-Kommandos scheint dies wenig zu kümmern: Es wird weiter mit Panzern und Hubschraubern, Kassam-Raketen und Mörsern geschossen. Seit sechs Tagen haben die meisten der über 100 000 Bewohner des Flüchtlingslagers ihre Häuser und Hütten nicht mehr verlassen: ohne Lebensmittelnachschub und Trinkwasservorräte, meist ohne elektrischen Strom. Auch in Beit Hanoun ist die Lage katastrophal.

Die palästinensische Gegenwehr hat in den sechs Tagen seit Beginn der israelischen Attacke abgenommen, was Militärs und Regierung als Teilerfolg werten. Allerdings würde die „Operation Bußtage“ erst abgeschlossen, wenn absolute Ruhe garantiert sei. Dies wird aber auch nach Aussagen führender Militärs noch einige Zeit, möglicherweise gar mehrere Wochen dauern. Der Kommandant der Eliteeinheiten der „Golani“-Infanterie vor Ort, Oberst Ejal Eisenberg, sagte: „Wir haben einen langen Atem.“

Die Palästinenser geben die Zahl ihrer Toten mit 77 an, mindestens 15 sollen an den Kämpfen nicht beteiligte Zivilisten gewesen seien. Oberst Eisenberg beschuldigte die Hamas, die zivile Bevölkerung als menschliche Schutzschilder zu missbrauchen. Die genaue Anzahl der von der israelischen Armee ganz oder größtenteils zerstörten Häuser und Plantagen ist unbekannt, sicher ist nur: Es sind Dutzende.

Dabei unterlaufen den Israelis Fehler. Am Montagnachmittag etwa zerstörten sie das Haus des moderaten Fatah-Spitzenpolitikers Salam Abu Safijah in Dschebalija und dessen Auto. Abu Safijah ist palästinensischer Verantwortlicher für den Güterumschlags- und Grenzübergang nach Israel und für die Kontakte zu den israelischen Behörden. Er selbst und seine Angehörigen blieben unverletzt.

Auf palästinensischer Seite bemüht man sich, den Eindruck einer geschlossenen Front zu erwecken. Tatsächlich aber stehen die Regierungsbehörden und die herrschende Fatah-Bewegung unter enormem Druck. Sie haben nun für jedermann sichtbar im Gazastreifen die Kontrolle verloren und die Führung dort an die Hamas-Islamisten abgeben müssen, die das alleinige Oberkommando in Dschebalija haben.

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