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Politik: Anonyme Gönner haben der Partei Millionen vermacht - Transaktionen über Kohls Finanzstrategen Weyrauch

"Tief verstrickt in den Spendensumpf" sei die hessische CDU. Das behauptete SPD-Fraktionschef Armin Clauss am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Wiesbadener Landtags.

"Tief verstrickt in den Spendensumpf" sei die hessische CDU. Das behauptete SPD-Fraktionschef Armin Clauss am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Wiesbadener Landtags. Seit zwei Wochen ist die vor acht Monaten zur hessischen Regierungspartei avancierte Union Roland Kochs in Erklärungsnöten. Mehr als zwölf Millionen Mark sind über verschiedene Treuhänder aus Liechtenstein in ihre Kassen geflossen, angebliche Vermächtnisse von Gönnern, die anonym bleiben wollten. Die Oppositionsparteien vermuten, dass es sich um "Bimbes" aus Helmut Kohls schwarzen Kassen handelte. Der Bezirkschef der SPD Hessen-Süd, Bökel, argwöhnt gar, es seien Bestechungsgelder aus dem Leuna-Verkauf. Die CDU versuche glauben zu machen, im Ausland kämen kontinuierlich Sympathisanten ihrer Partei zu Tode, höhnte die Frankfurter SPD-Vorsitzende Streb-Hesse.

Der 82-jährige frühere Schatzmeister der hessischen Union, Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein, zeigt sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel hingegen überrascht über den reichen Geldsegen. Aus heiterem Himmel habe ihn die Offerte erreicht. Im Jahr 1989 habe ihm ein Testamentsvollstrecker aus Liechtenstein mitgeteilt, seiner Union sei ein Millionenerbe zugefallen. Persönlich sei er nach Vaduz gereist. Nachdrücklich habe er den Testamentsvollstrecker Rolf Egli damals gebeten, doch den Namen des Gönners von fast vier Millionen Mark zu nennen - vergeblich. Ähnlich sei es auch 1991 und 1996 gewesen, als zwei weitere unbekannte Millionäre der CDU via Liechtenstein Geld zukommen ließen. Weitere acht Millionen Mark wurden diesmal als anonyme Vermächtnisse verbucht.

Alle drei Geldgeschäfte liefen über Horst Weyrauch, der die Schwarzen Kassen von Ex-Parteichef Kohl organisiert haben soll. Bei seiner ersten Vernehmung durch die Augsburger Staatsanwaltschaft hatte sich Weyrauch an die Reisen im Auftrag der hessischen Union nicht erinnern wollen. Nicht nur er leidet an Erinnerungslücken. Pressemitteilungen der Union hatten in der vergangenen Woche den Eindruck entstehen lassen, es habe nicht drei sondern vier Vermächtnisse gegeben. Dem Tagesspiegel erklärte Prinz Wittgenstein die Verwirrung: Er selbst habe 1991 ein Vermächtnis von mehr als sechs Millionen Mark aufgeteilt. "Ich hatte beide Hüte auf, Schatzmeister des CDU-Kreisverbands und des Landesverbands. Ich durfte die Spenden da verwenden, wo sie am nötigsten gebraucht wurden", begründet der Prinz seine damalige Entscheidung, der in die roten Zahlen geratenen Frankfurter CDU mit geerbten Millionen zu helfen. Obwohl der Kreisgeschäftsführer der CDU, Heinz Daum, sich ausdrücklich auf Gespräche mit dem Prinzen berief, setzte er in seiner Pressemitteilung vom 9. Dezember falsche Zahlen ein; er wusste offenbar auch nicht, dass nicht die verstorbenen Gönner sondern der Schatzmeister die Geldströme nach seinem Ermessen zwischen Landes- und Kreisverband aufgeteilt hatte.

Inzwischen wurde bekannt, dass über das Büro Weyrauch aus den Vermächtnissen auch Rechnungen direkt beglichen wurden. Zu allem Überfluss hatte Daum die Theorie verbreitet, die "Vermächtnisgeber" entstammten "Kreisen deutschstämmiger jüdischen Emigranten", in denen der Prinz "sehr bekannt und angesehen" sei. Der Frankfurter CDU-Politiker Michel Friedman nannte diese Spekulation "unerträglich und unverantwortlich". Nachdem den Verantwortlichen seiner Partei offenbar nichts mehr einfalle, sortierten sie Spender nach Kategorien der Religion, sagte das Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland erbost. Prinz Wittgenstein bewertete Friedmans Kritik als "dummes Zeug".

Eine "große Unruhe an der Basis" über die Spendenaffäre hat inzwischen auch der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Roland Koch, ausgemacht. Heute will er im Landtag als Abgeordneter Stellung nehmen. Der Kreisverband Frankfurt hat indes einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer eingesetzt. Allerdings hofft - oder befürchtet - in der hessischen Union niemand, dass der Ursprung der Gelder jemals aufgeklärt werden kann; "das haben die Testamentsvollstrecker festgezurrt", sagt der frühere Schatzmeister dem Tagesspiegel und klingt dabei nicht wirklich unglücklich.

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