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Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek.

© dpa

Anschläge auf Kirchen: Muslime: Gewalt ist nicht religiös

Als Konsequenz auf die blutigen Anschläge in Nigeria fordert die CSU mehr Schutz für Christen weltweit. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, warnt allerdings davor, Religion als Auslöser der Gewalt zu sehen.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hat sich gegen religiöse Interpretationen der jüngsten Gewalttaten in Nahost und Afrika gewandt. Man solle lieber fragen, wem etwa die Angriffe auf Kirchen in Nigeria nutzten, sagte Mazyek dem Tagesspiegel. „Dem Islam sicherlich nicht.“ Sie nutzen aber jenen, die kein Interesse an der Stabilität des ölreichen Landes haben.

Auch die Brutalität der hierzulande kaum wahrgenommenen Gruppe „Akhwat Akwop“ könne man nicht einfach als „christliche Gewalt“ etikettieren. Sie habe in diesem Jahr fünf Moscheen in Nigeria abgebrannt und Muslime ermordet. „Oft laufen solche Anschläge unter falscher Flagge“, sagte Mazyek. Dies zu hinterfragen, sei aber „in der hiesigen Berichterstattung geradezu tabuisiert“. Die Verantwortung für die Morde an Weihnachten hatte die islamistische Terrorgruppe Boko Haram beansprucht.

Die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen Verbände hatten vor kurzem erklärt, dass der Koran Angriffe auf Kirchen, Synagogen und Moscheen selbst im Krieg ausdrücklich verbiete.

Aus der CSU kam die Forderung nach mehr Schutz für Christen. Als Konsequenz aus den Anschlägen müsse „das Thema ,Schutz vor Christenverfolgung’ zukünftig ein Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik sein“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, der „Rheinischen Post“. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) beklagte eine Verschlechterung der Lage für Christen weltweit. Dies müsse Thema der UN-Vollversammlung werden.

Bei den Anschlägen auf Kirchen waren am ersten Weihnachtstag mindestens 40 Menschen getötet worden. Schon im vergangenen Jahr waren mehr als 80 Menschen bei Angriffen auf Weihnachtsfeiern in Nigeria ums Leben gekommen. Das bevölkerungsreichste Land Afrikas ist wirtschaftlich zweigeteilt: Im Süden wird Erdöl gefördert, der Norden hat deutlich schlechtere Wirtschaftsdaten. Dort breitet sich die Wüste aus, was schon Hunderte Dörfer unbewohnbar gemacht hat. Im Süden leben vor allem Christen, der Norden Nigerias ist muslimisch geprägt.

Zentralratschef Mazyek warnt auch im Falle Syriens vor  „Kurzschlüssen“ zwischen Religion und Gewalt. Dort soll es vermehrt zu tödlichen Zusammenstößen zwischen Sunniten und Aleviten kommen. „Syrien ist – und das ist eine Stärke des Landes – tatsächlich eine multikonfessionelle Gesellschaft mit einer starken sunnitischen Mehrheit. Das Regime ist aber weitestgehend in der Hand einer Clique, die der alevitischen Richtung nahesteht. Da ist es fast unausbleiblich, dass der Gegensatz Regime-Bevölkerung eine konfessionelle Färbung bekommt.“

Wäre die aber wirklich so beherrschend, wie es jetzt scheine, wären die Konfliktlinien längst viel schärfer, sagte Mazyek. „Syrien erlebt jetzt seit einem Jahr unausgesetzt brutalstes Vorgehen gegen unschuldige Zivilisten. Solange dies nicht aufhört, droht neben der menschlichen Katastrophe auch ein Exodus der kleineren Konfessionen, ähnlich wie im Irak – das ist weder im Interesse Syriens noch des Westens.“

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