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Politik: Anschlag auf den Terror

Viele Staaten gehen auf Distanz zu Israels Angriff in Syrien. Sie bezweifeln auch dessen Rechtmäßigkeit

Von

Von Hans Monath, Riad,

und Andrea Nüsse, Amman

Nach dem Anschlag einer Selbstmordattentäterin in Haifa, die 19 Menschen mit in den Tod riss, stand der Auftakt der Reise von Gerhard Schröder in mehrere arabische Staaten „leider unter einem sehr, sehr traurigen Stern", wie der Kanzler bei seiner ersten Station in Kairo sagte. Den Terrorakt verurteilte Schröder ebenso wie am nächsten Tag die Reaktion der Israelis, die ein angebliches Terroristen-Ausbildungslager in Syrien angegriffen hatten.

Der israelische Vergeltungsangriff in Syrien wurde weltweit scharf verurteilt. Auch auf deutscher Seite löste der israelische Luftangriff Besorgnis aus: In der Kanzler-Delegation hieß es, ein Angriff so weit ins Gebiet eines souveränen Staates hinein könne schnell einen regionalen Flächenbrand provozieren. Vor seinem Besuch in Riad verurteilte Schröder den israelischen Angriff ungewöhnlich offen und erklärte, dies kompliziere den Friedensprozess. Skeptisch äußerte sich Schröder allerdings zu einem Entwurf Syriens für eine UN-Resolution, mit der der israelische Angriff verurteilt werden sollte. Soweit er den syrischen Text für den Resolutionsentwurf kenne, sei dieser „nicht ausgewogen genug“, sagte der Kanzler.

Hinter dem jüngsten israelischen Angriff in Syrien vermutet unterdessen Jalal al Husseini, der am französischen Forschungsinstitut in Amman arbeitet, eine „gezielte Kampagne gegen Syrien". Die Anhaltspunkte des Politologen: Erst wird vor wenigen Tagen ein Übersetzer in Guantanamo verdächtigt, für Syrien zu spionieren, dann bombardiert Israel Syrien und erklärt, ein Trainingslager des Islamischen Dschihad vernichtet zu haben. Der Schweizer Forscher hält es für extrem unwahrscheinlich, dass derzeit palästinensische Gruppen in Syrien militärisch trainieren dürften. „Den Freiraum dieser Gruppen bestimmt die syrische Führung. Und diese versucht derzeit angesichts der amerikanischen Warnungen und Drohungen die Lage zu beruhigen." So hat die Regierung in Damaskus kürzlich die Büros verschiedener palästinensischer Gruppen geschlossen.

Allerdings sind sich Beobachter in der arabischen Welt einig, dass die Vertreter dieser Gruppen nicht wirklich unter Druck gesetzt wurden: Niemand wurde festgenommen oder ausgewiesen. Daher sehen die Amerikaner die syrischen Maßnahmen als unzureichend an. Das Dilemma der Syrer ist, dass sie die palästinensischen Gruppen als legitime Widerstandsorganisationen gegen die israelische Besetzung ansehen. Die USA dagegen stufen sie als Terroristen ein.

Nachdem kürzlich auch die Europäer beschlossen haben, den politischen Arm der Hamas auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen, ist der Druck weiter gewachsen. Immerhin sitzen in Damaskus so hochrangige Hamas-Führer wie der Chef des Politbüros, Khaled Meshaal, der aus Jordanien ausgewiesen wurde, nachdem israelischen Mosad-Agenten ein Mordanschlag auf den Palästinenser misslungen war. Ahmed Jibril von der palästinensischen PFLP lebt hier. „Dies ist ein Problem für Syrien", räumt der Politologe Jalal al Husseini ein.

Das Problem ist, dass verschiedene Länder unterschiedlich definieren, was unter Terrorismus zu verstehen ist. Es besteht seit dem 11. September. Mit dem Irak-Krieg erhöhten die USA den Druck auf Syrien, das sich inzwischen von drei Seiten von „feindlichen Kräften" umzingelt sieht: Im Norden die Türkei, im Osten die Amerikaner, im Südwesten Israel. Die USA sind auf die Linie Israels eingeschwenkt, das seit dem Ausbruch der zweiten Intifada regelmäßig Damaskus die Unterstützung palästinensischer Gruppen vorwirft. Außerdem macht Israel Syrien, dessen Golanhöhen es besetzt hat, für die Unterstützung der Hisbollah in Südlibanon verantwortlich. Die Hisbollah hatte gegen die israelische Besatzung Libanons gekämpft und ist mittlerweile eine politische Kraft im Lande.

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