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Politik: Anschlag auf Erfurter Synagoge: Angeklagte Jugendliche geben Gesinnungswandel vor: Wir waren politisch verblendet

Zweieinhalb Monate nach dem versuchten Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge hat das Thüringer Oberlandesgericht am Dienstag in Gera drei Jugendlichen aus der rechtsextremen Szene den Prozess gemacht. Die beiden Hauptangeklagten, der 17-jährige Carsten H.

Zweieinhalb Monate nach dem versuchten Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge hat das Thüringer Oberlandesgericht am Dienstag in Gera drei Jugendlichen aus der rechtsextremen Szene den Prozess gemacht. Die beiden Hauptangeklagten, der 17-jährige Carsten H. und der 18-jährige Andreas J., legten vor dem Ersten Strafsenat ein Geständnis ab und erklärten, sie seien inzwischen von ihrer rechtsextremen Gesinnung abgerückt. Der mitangeklagte 18-jährige David K., der das Auto fuhr, will nichts von der Absicht der Freunde gewusst haben.

Die Hauptverhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Oberstaatsanwalt Wolfgang Siegmund warf den Jugendlichen versuchte schwere Brandstiftung und einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Die beiden mit Wollmütze und Gesichtsmaske getarnten Jugendlichen haben laut Anklage am Abend des Gründonnerstags bei der Synagoge zwei Molotowcocktails hergestellt. Andreas J. zündete die Lunten an, beide schleuderten die Flaschen in Richtung der Fenster, um die Räume in Brand zu setzen. Beide Brandsätze verfehlten ihr Ziel und zerschellten auf dem Dach und an der Wand. Nachbarn löschten eine brennende Lunte, die aus der Flasche gefallen war.

Am Ort hinterließen die Täter ein Bekennerschreiben: "Dieser Anschlag basiert auf rein antisemitischer Ebene! Wir grüßen den Verfassungsschutz Gotha. Heil Hitler. Die Scheitelträger." Die Angeklagten haben nach den Worten des Oberstaatsanwalts zunächst geglaubt, dass sie die Synagoge wirklich in Brand gesetzt hätten. Tage später habe Andreas J. einen PDS-Politiker und andere, die sich empört über den Anschlag geäußert hatten, anonym angerufen und bedroht.

Der wegen Körperverletzung vorbestrafte 18-Jährige sagte, er habe sich noch aus der Haft in einem Brief an den Vorsitzenden der jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Wolfgang Nossen, entschuldigt. Die Wandlung hätten unter anderem Gespräche mit einem Pfarrer in der Haftanstalt bewirkt. Beeindruckt habe ihn auch ein Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm. Zuvor sei er "politisch verblendet" gewesen, weil es ein "schönes Gefühl war, dazuzugehören". Andreas J. war nach eigenen Angaben drei Jahre Mitglied der NPD.

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