zum Hauptinhalt

Anschlag auf Wasserwerk: Brennpunkt Nordkaukasus

Zwei Wachschutzleute sind tot, drei weitere liegen schwer verletzt im Krankenhaus, der Turbinensaal liegt in Trümmern. In der russischen Konfliktregion haben Terroristen einen Anschlag auf ein Wasserkraftwerk verübt.

Es hätte weit schlimmer kommen können beim Anschlag auf das Wasserkraftwerk in der Teilrepublik Kabardino-Balkarien im russischen Nordkaukasus, wo am Mittwochmorgen gleich vier Sprengladungen in die Luft gingen. Wäre es den Terroristen gelungen, den Damm des Stausees zu sprengen, hätte sich dessen Wasser als Springflut in die dicht besiedelte Ebene ergossen, Hunderttausende hätten ertrinken können.

Dass die Täter Terroristen sind, steht für Experten fest. Der Anschlag, so ein Sprecher der Ermittlungsbehörde, sei „ein sorgfältig geplanter und professionell ausgeführter Diversionsakt“. Gefahndet wird derzeit nach vier Tätern. Diese hatten, bevor sie in das Kraftwerk eindrangen, die örtliche Polizeistation mit Granatwerfern beschossen. Ein Vorgang, der an Dreistigkeit seinesgleichen sucht. Und der Moskau und dessen Statthaltern im Nordkaukasus nachdrücklich vor Augen führt, dass die Befriedung Tschetscheniens nicht automatisch für Ruhe und Stabilität in der Region sorgt.

Mehr noch: Nachdem sie aus Tschetschenien verdrängt worden waren, haben die Separatisten, die bis zu 1500 Kämpfer unter Waffen haben sollen, ihre Aktivitäten in die Nachbarrepubliken verlagert und Teile der Bevölkerung in ihren Konflikt mit Moskau hineingezogen. Dabei kommen ihnen einerseits gravierende soziale Probleme gelegen – in Teilen der Region liegt die Arbeitslosenrate bei weit über 50 Prozent. Zum anderen sind es auch das Fehlen von Autonomierechten und die Fortsetzung von Stalins Teile-undherrsche-Politik, die den Separatisten Unterstützung bringen. Stalin hatte die Grenzen der Teilrepubliken mitten durch das Siedlungsgebiet der nordkaukasischen Ethnien gezogen und in binationalen Kunstgebilden wie Karbardino-Balkarien die tscherkessischen Urbewohner mit zugewanderten Turkstämmen – den Balkaren – zwangsvereinigt. Beider Gerangel um Land und die Besetzung von Ämtern eskalierte schon mehrfach zu bewaffneten Auseinandersetzungen und leistet der Radikalisierung der halblegalen landsmannschaftlichen Vereinigungen Vorschub.

Vor allem auf die Dschamaat – die Dorfgemeinschaften der Balkaren im schwer zugänglichen Hochgebirge – stützen sich nun auch die tschetschenischen Untergrundkämpfer. Ihr Vormann ist Doku Umarow, der einen islamischen nordkaukasischen Gottesstaat anstrebt und die Verantwortung für alle größeren Anschläge der letzten Zeit übernahm, auch für das Unglück in Russlands größtem Wasserkraftwerk bei Krasnojarsk vor einem Jahr. Das wurde offiziell mit einem Kurzschluss in einem Transformator begründet. Am Mittwoch wurden vorsorglich die Wachen in allen Wasserkraftwerken Südrusslands verstärkt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false