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Anschlag in Nizza: Ziel war die Uferpromenade

© dpa/EPA/Olivier Angrio

Update

Anschlag in Nizza: Experte vermutet "perfide Taktik" des IS

Im September 2014 hatte ein Sprecher des "Islamischen Staats" Anhänger dazu aufgefordert, auf eigene Faust tätig zu werden. Experten warnen vor Nachahmertaten auch in Deutschland.

Von Frank Jansen

Deutsche Sicherheitskreise sehen nach dem Anschlag in Nizza eine noch größere Gefahr von Nachahmertaten als bei früheren Terrorangriffen. „Jeder kann mit einem Fahrzeug in eine Menschenmenge rasen“, sagte ein Experte. „Das Tatmittel ist einfach zu beschaffen und trotzdem gibt es ein gewaltiges Medienecho.“ Die Tat von Nizza könne auch in Deutschland gewaltorientierte Salafisten, „die ohnehin vorhaben, etwas zu tun, zusätzlich anstacheln“. Verwiesen wird zudem auf die Propaganda der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), in der Sympathisanten schon länger zu solchen Anschläge aufgerufen werden. Selbst wenn der IS oder Al-Qaida nichts mit dem Anschlag zu tun hätten, sei zu erwarten, dass "sie sich drauf setzen".

Im September 2014 hatte der IS-Sprecher Abu Mohammed al Adnani mit einer Audiobotschaft  im Internet die Anhänger der Terrormiliz weltweit gedrängt, auf eigene Faust tätig zu werden. „Zerschlagt ihre Köpfe mit einem Stein, schlachtet sie mit einem Messer, überfahrt sie mit einem Auto, werft sie von einem hohen Punkt, erstickt oder vergiftet sie“, sagte der Syrer. Als potenzielle Opfer nannte er „ungläubige Amerikaner oder Europäer, vor allem die dreckigen und boshaften Franzosen“. Mit dem Anschlag in Nizza sei die Propagandahetze womöglich in die Tat umgesetzt worden, hieß es in Sicherheitskreisen.

Verbindung zur Messerattacke in Hannover

Experten sehen auch eine Verbindung zur Messerattacke der 15-jährigen Safia S. in Hannover. Die Schülerin hatte im Februar im Hauptbahnhof von Hannover einem Bundespolizisten in den Hals gestochen. Der Beamte überlebte nur knapp. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die Jugendliche wegen des Verdachts, sie habe bei einem Aufenthalt in der Türkei von IS-Mitgliedern den Auftrag zu einer „Märtyreroperation“ bekommen und dann in Deutschland entsprechend gehandelt. „Auch hier war das Tatmittel einfach zu bekommen“, sagte ein Experte.

Solche Anschläge seien für die Sicherheitsbehörden nahezu unvorhersehbar, zumal wenn die Täter als „einsame Wölfe“ agierten. Das könnte auch in Nizza der Fall gewesen sein, allerdings gebe es zum Hintergrund des Täters noch zu wenig Erkenntnisse. Der Anschlag in der südfranzösischen Stadt lasse sich aber, wie der in Hannover, wahrscheinlich dem Typus des „Do-it-yourself-Terrors“ zuordnen, vor dem kürzlich der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, gewarnt hatte.

Sollte der IS für die Tat in Nizza verantwortlich sein, wäre mit einer baldigen Bekennung zu rechnen, sagte ein Experte. Bei mehreren Anschlägen in Frankreich habe die Terrormiliz sich rasch gemeldet. Angesichts der Hetze von IS-Sprecher Adnani sei zu befürchten, dass die Terrormiliz nun einen großen Erfolg feiern werde. Zu erkennen sei auch eine perfide Taktik.

Es wurde nicht bei der Europameisterschaft zugeschlagen, als der Westen einen Angriff erwartete, sondern danach – als Frankreich und die anderen Länder, die am Turnier teilgenommen hatten, erleichtert waren, dass während der EM kein Anschlag stattgefunden hatte war. Allerdings erstach Mitte Juni ein 25-jähriger IS-Sympathisant in einem Pariser Vorort einen Polizisten und dessen Lebensgefährtin.

Der Angriff in Nizza habe für die Terrorszene wahrscheinlich einen hohen Symbolwert, da er am französischen Nationalfeiertag geschah.  „Man muss leider sagen, dass es ein optimaler Anschlag war“, sagte ein Experte.

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