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Politik: Anschlag von Düsseldorf: Neuer Verdacht gegen Beamten der Berliner Polizei

Gibt es nach dem Anschlag von Düsseldorf eine Spur in die Region Berlin-Brandenburg? Die Ermittlungen gegen den Beamten der Berliner Polizei, der nach dem Attentat von Düsseldorf in einem Anruf beim Polizeipräsidium Potsdam mit Terroraktionen gedroht haben soll, weiten sich aus.

Von Frank Jansen

Gibt es nach dem Anschlag von Düsseldorf eine Spur in die Region Berlin-Brandenburg? Die Ermittlungen gegen den Beamten der Berliner Polizei, der nach dem Attentat von Düsseldorf in einem Anruf beim Polizeipräsidium Potsdam mit Terroraktionen gedroht haben soll, weiten sich aus. In der Nacht zum gestrigen Freitag fand die Polizei in Beelitz eine mit falschen Kennzeichen versehene Mercedes-Limousine, die der Beamte nach eigenen Angaben privat genutzt hat. In dem Wagen war die Fahrzeugidentifizierungsnummer entfernt. Die Sicherheitsbehörden vermuten, dass der Polizist in kriminelle Aktivitäten, zum Beispiel Autoschieberei, verwickelt sein könnte. Für eine Beteiligung des Beamten am Anschlag in Düsseldorf gebe es keine Anhaltspunkte, hieß es bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Dennoch wurde der Wagen auf Reste von Sprengstoff untersucht - ohne Erfolg.

Der Drohanruf war, wie berichtet, etwa sieben Stunden nach dem Anschlag im Potsdamer Präsidium eingegangen. Eine verzerrte Stimme prophezeite, Deutschland werde von einer neuen Terrorwelle "überschattet". Die Polizei konnte den Anschluss, von dem aus telefoniert wurde, rasch identifizieren, da auf dem Telefondisplay der Leitstelle des Präsidiums eine ISDN-Nummer aufleuchtete. Noch vor Mitternacht rückte die Potsdamer Schutzpolizei bei dem Beamten an, der im Berliner Umland wohnt. Der überraschte Mann bestritt den Anruf und sagte, ein Unbekannter habe seinen Anschluss manipuliert.

Bei dem Einsatz nahm die Polizei auch den vor dem Haus stehenden Mercedes in Augenschein, verzichtete aber auf eine gründliche Durchsuchung. Der Beamte sagte, er habe sich den Wagen von einem Berliner Kollegen geliehen. Dieser fährt ebenfalls einen Mercedes - mit den gleichen Kennzeichen, doch handelt es sich um einen anderen Fahrzeugtyp. Darauf kamen die Potsdamer Ermittler aber erst später.

Nach der mitternächtlichen Durchsuchung wurde der Polizist für den kommenden Morgen ins Potsdamer Präsidium geladen. Sicherheitsexperten befürchten nun, dass der Mann die Zeit bis zur Vorladung genutzt haben könnte, den Wagen von belastenden Spuren zu säubern und ihn zu verstecken. Als die Polizei am Freitag voriger Woche zum zweiten Mal das Haus des verdächtigten Beamten durchsuchte, war der Wagen weg. Erst in der Nacht zum gestrigen Freitag wurde das Fahrzeug gefunden, etwa zwölf Kilometer vom Wohnort des Polizisten entfernt in Beelitz. Die Limousine war leer. Eine Durchsuchung, auch nach Resten von Sprengstoff, brachte nichts.

Der Berliner Polizist, dessen Mercedes die gleichen Kennzeichen trägt, bestritt bei einer Vernehmung, von der Manipulation der anderen Limousine etwas zu wissen. Dieser Wagen wurde, wie die Ermittler jetzt herausfanden, im Mai 2000 im Land Brandenburg gestohlen. Polizei und Staatsanwaltschaft konnten den Eigentümer noch nicht befragen. Ob der Mercedes nach dem Diebstahl bei weiteren Straftaten eingesetzt wurde, ist noch nicht ermittelt. Der verdächtigte, inzwischen vom Dienst suspendierte Polizist befindet sich im Krankenhaus und ist nicht vernehmungsfähig.

Unterdessen hat das brandenburgische Landeskriminalamt die Überprüfung mehrerer Tonkassetten abgeschlossen, die der Polizist besprochen hatte und die in seinem Haus beschlagnahmt wurden. Aus dem Vergleich mit der aufgezeichneten Drohung gehe nur hervor, es sei "möglich", dass die Stimme des Anrufers mit der des verdächtigten Polizisten identisch ist, sagte die Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Sigrid Komor. Der Polizist hat sich geweigert, eine Stimmprobe abzugeben.

In dem Drohanruf ist zumindest ein indirekter Bezug zum Anschlag von Düsseldorf zu hören. Polizei und Staatsanwaltschaft in Potsdam hatten dies bislang kategorisch verneint. Nach Informationen des Tagesspiegels beginnt der Anruf mit den Worten, Deutschland werde "mit dem heutigen Tage" von einer neuen Terrorwelle "überschattet". Alles, was es bisher gegeben habe, werde "in den Schatten gestellt". Dann folgt der Hinweis auf den September 1980. In diesem Monat zündete der Neonazi Gundolf Köhler auf dem Münchner Oktoberfest eine Splitterbombe. 13 Menschen, darunter der Attentäter, kamen ums Leben, 219 wurden zum Teil schwer verletzt.

Dass der Beamte mit dem manipulierten Mercedes nach Düsseldorf gefahren, den Anschlag verübt und etwa sieben Stunden später von seinem Haus im Berliner Umland die Drohung abgesetzt haben könnte, halten die Sicherheitsbehörden für unwahrscheinlich. Außerdem ist in dem aufgezeichneten Anruf offenbar kein Täterwissen zu vernehmen. Dennoch bleibt unklar, ob die Sicherheitsbehörden Ermittlungen aufgenommen haben, um mit 100-prozentiger Sicherheit ausschließen zu können, dass der Polizist in irgendeiner Weise etwas mit dem Anschlag in Düsseldorf zu tun haben könnte.

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