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Politik: Ansichtssachen

Die Regierung ist zufrieden, die Opposition auch – und lenkt den Blick auf die Befragung Schilys

Von Hans Monath

Berlin - Wenigstens in einer Einschätzung waren sich die Kontrahenten im Visa-Untersuchungsausschuss am Tag nach der TV-Vernehmung des Außenministers einig: Die Aufmerksamkeit für die Arbeit des Gremiums wird in den kommenden Sitzungen rapide nachlassen, wenn dort Zeugen unter anderem erklären sollen, wie die Visa-Erlasse der Zentrale in Botschaften verstanden und angewandt wurden. Sogar Unions-Obmann Eckart von Klaeden kündigte an, „nächster Höhepunkt“ der Ausschussarbeit werde die Vernehmung von Innenminister Otto Schily (SPD) am 8. Juli sein.

Doch mit Blick auf den Auftritt des Außenministers und den Kern des Streits um die Visavergabe könnten die Urteile von Regierung und Opposition nicht weiter auseinander liegen: Während SPD und Grüne die Affäre als im Wesentlichen ausgestanden bezeichneten, verstärkte die Union ihre Kritik an Fischer. Wie Fraktionsvize Wolfgang Schäuble forderte auch Parlamentsgeschäftsführer Norbert Röttgen den Rücktritt Fischers. Wenn Fischer die Verantwortung für das Organisationsproblem übernehme, „dann muss er für sich sagen, dann ist mein Verbleib im Amt nicht mehr möglich“, sagte Röttgen im Deutschlandradio Kultur.

Unions-Obmann Klaeden formulierte deutlich moderater als seine Parteikollegen und führte in seiner Bilanz als erstes Argument an, der Ausschuss sei ein Erfolg für die innere Sicherheit: „Er macht Deutschland sicherer.“ Erst dann wertete Klaeden es als Erfolg, dass der Ausschuss den Außenminister „zum Reden“ gebracht habe. Dessen zwölfeinhalbstündiger Auftritt sei geprägt gewesen „von Nervosität, Unsicherheit und Widersprüchlichkeit“.

Völlig siegesgewiss gab sich dagegen SPD-Obmann Olaf Scholz: „Die Affäre ist aus meiner Sicht beendet.“ Rücktrittsforderungen seien „Quatsch“, erklärte der Ex-Generalsekretär: „Eins ist klar, der Minister bleibt im Amt.“ Zwar habe es Fehler gegeben, diese seien aber abgestellt worden. Wer nun noch überzeichne und von einem Skandal spreche, „macht sich unglaubwürdig und lächerlich“, warnte der SPD-Politiker. Grünen-Obmann Jerzy Montag erklärte, es habe in der Visa-Affäre eine „hysterische Skandalisierung“ gegeben. „Langsam schält sich heraus: Die Wahrheit ist profan“, sagte Montag. Fischer habe „kompetent, kämpferisch und in aller Offenheit“ geredet.

Deutlich wurde am Dienstag allerdings auch, dass bei der Vernehmung von Schily im Juli auch aus Sicht der Koalition durchaus spannende Momente bevorstehen könnten. So fand SPD-Obmann Scholz keine sehr überzeugende Antwort auf die Frage, warum der Innenminister seine ursprünglich so vehement vorgebrachten Bedenken gegenüber Fischers Visapolitik dann doch fallen gelassen hatte. Das Einlenken des Hardliners gegenüber dem grünen Konkurrenten erklärte er so: „Wenn ein deutsches Ministerium wie das Auswärtige Amt erklärt, wir halten uns an Recht und Gesetz, dann darf man das akzeptieren.“

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