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Am Freitag verabschiedete der Bundestag das Anti-Terror-Paket von Bundesinnenminister Thomas de Mazière (vorne).

© dpa

Anti-Terror-Gesetz: Kontrolliert die Kontrolleure!

Die Angst vor einem Überwachungsstaat ist unbegründet - doch die beschlossenen Maßnahmen gegen den Terrorismus müssen sorgfältig überprüft werden. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Antje Sirleschtov

Dass Sicherheit und Freiheit zu jeder Zeit in einem Spannungsverhältnis stehen, ist selbstverständlich. Und es gehört allein deshalb zu den grundlegenden Aufgaben einer parlamentarischen Demokratie, sorgfältig auszuloten, wie viel Freiheitsverlust einer Gesellschaft zugemutet werden kann, um ihre Sicherheit zu gewährleisten – besonders in Zeiten, in denen international vernetzte Terroristen die westliche Welt bedrohen.
Wer wollte also nicht verstehen, dass auch das neueste Anti-Terror-Gesetzespaket der großen Koalition die Gemüter erhitzt: Seine Befürworter sehen Regelungslücken, die zur Gewährleistung der Terrorbekämpfung geschlossen werden müssen. Die Gegner warnen vor Datenkraken, Überwachungsregimen, nutzloser Freiheitsberaubung und rufen nach dem Schutz des Grundgesetzes.

Daten dürfen länderübergreifend ausgetauscht werden

So weit spricht der Streit – bis hin zum offenen Eklat in den parlamentarischen Beratungen des Bundestages – für ein Funktionieren der politischen Checks and Balances. Im aktuellen Anti-Terror-Gesetz gleich den Keim eines Überwachungsstaates zu ahnen, der unsere Freiheiten auf null beschneidet, ist mithin wohl übertrieben.
Die Argumente der Zweifler einfach zur Seite zu wischen, wäre der Tragweite der Neuregelungen allerdings auch nicht angemessen. So scheint der anlasslose Austausch von Daten der deutschen Verfassungsschutzämter mit Diensten aus EU- und Nato-Ländern auf den ersten Blick zwar sinnvoll und überfällig, um etwa Bewegungsprofile von Terror-Verdächtigen über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg verfolgen zu können. Hierzu soll ein internationaler Datenpool aufgebaut werden, den dann auch deutsche Behörden mit Informationen speisen sollen. Was allerdings mit den Daten deutscher Verfassungsschützer geschieht, wenn künftig auch bulgarische, türkische und amerikanische Dienste darauf zugreifen können, ist in seiner Tragweite noch zu wenig beleuchtet worden. Schlechte Erfahrungen mit Partnern, die oft ein anderes Partnerschaftsverständnis als wir haben, gibt es schließlich zuhauf.

Wer wacht über den Umgang mit den Informationen?

Und wer wird über den Umgang mit den Informationen am Ende wachen? Eine Frage, die sich im Übrigen auch hinsichtlich der Polizeidaten stellt, auch sie werden international in einem Datenpool gesammelt. Droht am Ende gar eine Verlinkung beider Pools – wieder mit der Begründung der Terrorbekämpfung? Mit dem deutschen Verständnis einer Trennung von Polizei und Geheimdienst hätte das dann überhaupt nichts mehr zu tun, weshalb der Sachverhalt und die Risiken besonders sorgfältig zu diskutieren sind.
Weit weniger problematisch erscheint da die neue Möglichkeit, künftig auch Daten von Minderjährigen zu erfassen. Das gab es bisher in dieser Form nicht, ist aber sinnvoll, weil immer häufiger auch Jugendliche von Terroristen missbraucht und als Attentäter eingesetzt werden.

Es dürfen auch Daten von Minderjährigen erfasst werden

Auch die Pflicht der Telekommunikationsanbieter, in Zukunft von ihren Kunden Ausweisdaten zu verlangen, wenn diese ein Prepaid-Handy oder eine solche Karte kaufen, leuchtet ein. Schließlich sorgt diese Anonymität bei der Kommunikation besonders wirkungsvoll für eine Anonymität potenzieller Attentäter. Angesichts der näherrückenden Gefahren von Anschlägen auch in Deutschland darf das Interesse von Handy-Nutzern, auch unerkannt kommunizieren zu können, hintanstehen. Wiewohl auch hier im Detail besondere Verantwortung auf die Kontrollinstanzen zukommt, damit die Daten der Prepaid-Kunden zur Abwehr von Terror und nicht zur Rundumüberwachung der Bürger missbraucht werden.

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