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Politik: Anwalt aus Darfur: Europa muss seine Soldaten schicken

Der Sacharow-Preisträger Salih Mahmoud Osman aus dem Sudan macht der Truppe der Afrikanischen Union schwere Vorwürfe

Berlin - Für seine Überzeugungen ist er in seiner Heimat Sudan bereits dreimal ohne Anklage eingesperrt und gefoltert worden. Der aus dem Darfur stammende Menschenrechtsanwalt und Abgeordnete Salih Mahmoud Osman aber will weder darüber schweigen, was im Westen des afrikanischen Staates passiert, noch sein Land verlassen. Am Dienstag erhielt Osman, der mit seiner Sudanesischen Organisation gegen Folter Opfern kostenlos Rechtsbeistand leistet, den mit 50 000 Euro dotierten Sacharow-Preis für Menschenrechte des Europäischen Parlaments.

Der 50-jährige mit der hohen Stirn hofft, dass die Europäer doch Truppen und Hubschrauber für die neue UN-Truppe stellen werden, die eigentlich Ende des Monats einsatzbereit sein soll, um das Morden in der Region zu stoppen. „Das ist Ihre Verantwortung“, sagte Osman dem Tagesspiegel. „Schicken Sie Truppen. Heute, nicht morgen.“ Den Hinweis der Bundesregierung, deutsche Soldaten seien schon in Afghanistan und auf dem Balkan, lässt er nicht gelten. „Das ist nicht mit den europäischen Werten vereinbar. Dort geschieht ein Völkermord.“ Nach UN-Schätzungen sind im Darfur seit 2003 rund 250 000 Menschen getötet und 2,5 Millionen vertrieben worden. Nach den Worten Osmans könne die europäische Truppe im benachbarten Tschad eine Ausweitung des Konflikts verhindern, helfe aber den Menschen im Darfur nicht. „Schicken Sie Helikopter!“ Zudem müsse der Darfur zur Flugverbotszone erklärt werden, damit Luftangriffe auf die Menschen unterblieben.

Wütend wird Osman, wenn die Sprache auf die 7000 im Darfur stationierten Soldaten der Afrikanischen Union (AU) kommt. „Stoppen Sie die Zahlungen für die Truppe der Afrikanischen Union. Sie tragen nur zur Korruption bei. Und Europa weiß das, “ sagt er empört, und sein schmaler Oberlippenbart mit den weißen Härchen vibriert. „Nicht ein einziger Euro darf mehr fließen.“ Das Geld solle die EU für den Einsatz eigener Truppen verwenden oder für Entwicklungsprojekte nutzen. Die Situation im Darfur sei heute schlimmer als noch vor Monaten. „Ich arbeite dort. Täglich geschehen Verbrechen direkt vor den Augen der AU-Soldaten. Aber sie tun nichts. Sie haben die gleichen Waffen wie die Reitermilizen, die Dschandschawid, aber sie benutzen sie nicht. Sie sind korrupt.“

Und wenn Deutschland und Europa hart bleiben, sich zwar finanziell, nicht aber mit Soldaten an der UN-Truppe beteiligen? „Gut, dann gehen wir zurück zu den Opfern. Wir werden ihnen sagen: Bittet Gott um Hilfe oder sterbt in den Lagern.“ Und dann fügt er leise hinzu: „ Das wird das Bild Europas ändern.“

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