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Generationengerecht? Eine Initiative appelliert an die Bundesregierung, die großen Probleme nicht einfach weiterzuvererben.

© Patrick Pleul/dpa

Appell an Bundesregierung: Generationengerechtigkeit ins Grundgesetz

Mit einem überparteilichen Appell haben sich Prominente an die nächste Bundesregierung gewandt. Sie fordern, bei politischen Entscheidungen die Folgen für kommende Generationen stärker zu berücksichtigen.

Manche mögen ihre Forderungen naiv finden. Und wahrscheinlich bekommen die Unterzeichner auch schnell wieder das übliche Gutmenschen-Etikett verpasst. Tatsächlich, räumt Hans Joachim Schellnhuber, der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ein, habe man „Selbstverständlichkeiten“ aufgeschrieben, um sie ins Gedächtnis zurückzurufen. Weil diese – obwohl sie das Leben der jetzt Lebenden und nachfolgender Generationen essenziell beeinflussen – kaum noch artikuliert würden. Geschweige denn politisch berücksichtigt.

Herausgekommen ist ein „Generationen-Manifest“ der zehn dringlichsten Anliegen für Politik und Gesellschaft, mit dem sich ein Bündnis von Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und Unternehmern auf den letzten Drücker noch in die Bundestagswahl einzumischen versucht. Es ist quasi die Fortschreibung eines Appells von 2013, den bereits mehr als 105.000 Menschen unterstützt haben. Zu den Erstunterzeichnern gehören Prominente wie die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, der Naturwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker, Bertelsmann-Gesellschafterin Brigitte Mohn, die Köchin Sarah Wiener, der TV-Doktor Eckart von Hirschhausen, die Autoren Franz Alt und Amelie Fried, die Schauspieler Edgar Selge und Hannes Jaenicke.

Unterzeichner kritisieren "Produktions- und Wachstumswahn"

Die Nachkriegsgenerationen hätten das "urmenschliche Anliegen", ihren Kindern eine bessere und gerechtere Welt zu hinterlassen, „stillschweigend kassiert", heißt es in dem Papier. „Unsere Leistungsgesellschaft mit ihrem Produktions- und Wachstumswahn ist dabei, die Erde für unsere Nachkommen unwirtlich und unbewohnbar zu machen.“ 

Gefordert wird unter anderem der Einsatz gegen Atomwaffen und ein Ende von Rüstungsexporten in Spannungsgebiete. Beim Klimaschutz verlangt das Manifest, bis 2040 den Einsatz fossiler Brennstoffe zu beenden. Um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern, fordern die Unterzeichner „faire Vermögens-, Erbschafts- und Finanztransaktionssteuern“ sowie eine Planung des Renten- und Sozialsystems bis 2050. Unternehmen sollten national und global einem Verursacherprinzip und klaren Haftungsregeln unterworfen werden.

„Folgekosten von Krisen und Katastrophen müssen von denjenigen getragen werden, die mit hohen Risiken Gewinne erzielen und Probleme auf künftige Generationen abwälzen“, heißt es in dem Appell. Um die Vermüllung der Erde und den Raubbau an Ressourcen zu stoppen, dürften künftig nur noch Materialien zugelassen werden, „die innerhalb einer Generation wieder natürlich abgebaut oder technisch entsorgt werden können“.

Globale Green Card für Flüchtlinge?

Angesichts weltweiter Flüchtlingsströme sei über eine „globale Green Card“, angesichts der Digitalisierung über neue Besteuerungsmodelle zu diskutieren, mit denen sich etwa der Wegfall von Arbeitsplätzen ausgleichen lasse. Und um Haftungsforderungen einklagbar zu machen, müsse Generationengerechtigkeit auch im Grundgesetz verankert werden.

Wäre Letzteres bereits der Fall, hätte der inhaltsleere Klimaschutzplan der Bundesregierung anders ausgesehen, behauptet Schellnhuber. Gleiches gelte für Dieselskandal und Schuldenbremse. Die „Schwarze Null“ von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Anleihen zu den derzeit niedrigen Zinssätzen verhindere, gehe vor allem auf Kosten künftiger Generationen, sagte Maja Göpel, die Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen.

Ziel ist auch eine Interessenvertretung für künftige Generationen

Ziel der Aktion sei es nicht nur, Debatten zu den wirklich wichtigen Themen loszutreten, betonte Claudia Langer, die Vorstandschefin der Generationen-Stiftung. Es gehe auch darum, eine „Interessenvertretung für künftige Generationen“ zu installieren, damit ungelöste Probleme nicht an Kinder und Enkel vererbt würden. Die Palette der Möglichkeiten reicht aus Sicht der Initiatoren dabei von Ombudspersonen, die politische Entscheidungen mit Blick auf deren langfristige Auswirkungen beurteilen und notfalls auch blockieren dürften, bis hin zur Einführung eines Familienwahlrechts oder der Reservierung einer gewissen Zahl von Bundestagsmandaten für „Anwälte künftiger Generationen“.

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