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Arabische Welt: Das Volk debattiert - die Herrscher schweigen

Ägyptens Präsident Mubarak verliert bislang kein Wort über die Ereignisse in Iran. Jordaniens Monarch geht in Deckung und Saudi-Arabiens Königshaus schweigt. Sie alle haben Angst, dass der demokratische Virus auch auf ihre Bevölkerung erwischen könnte.

Für die meisten arabischen Satellitenkanäle ist der Iran seit Tagen Thema Nummer eins. Auf den Straßen wird lebhaft diskutiert, in Blogs fasziniert der Mut der iranischen Bevölkerung kommentiert. "Wann werden die Araber folgen", fragt sich ein ägyptischer Blogger, der unter dem Decknamen "Louza" schreibt. Andere sprechen sogar von der "Iranischen Intifada". Al Arabiya, der in Dubai ansässige Fernsehsender, war dann auch der erste ausländische Kanal, dessen Büro von den iranischen Behörden "wegen unfairer Berichterstattung" geschlossen wurde – Tage bevor Teheran den Korrespondenten von BBC Farsi des Landes verwies.

Anders die Politiker. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak verlor bislang kein Wort. Jordaniens Monarch ging in Deckung und Saudi-Arabiens Königshaus schweigt. Die kleineren Golfstaaten dagegen senden erste vorsichtige Signale, auch wenn sich der Iran wegen seiner undurchsichtigen Atompolitik und seiner Unterstützung für Hisbollah und Hamas viele Gegner gemacht hat. "Wir glauben, dass eine Einmischung – egal von welcher Partei - in die inneren Angelegenheiten des Irans nicht akzeptabel ist", erklärte der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Scheich Abdullah al Nahyan, und fügte sybillinisch hinzu: "Alle Länder im Nahen Osten sitzen im selben Boot. Niemand hat ein Interesse daran, Opfer von Instabilität zu werden." Die meisten arabischen Potentaten haben nämlich Angst, der demokratische Virus könne auf die eigene Bevölkerung überspringen. Hunderttausende Menschen in den Straßen mit Plakaten "Wo ist meine Stimme" – für die autoritären Königshäuser und Präsidentenpaläste ein Albtraum.

Libanon in der Berichterstattung vorn

Syrien und Ägypten kennen nur abgekartete Pseudowahlen, Saudi-Arabien hat noch ein Parlament gewählt. Nur in Irak, Kuwait und Libanon gab es in letzter Zeit Abstimmungen des Volkes – teilweise mit überraschenden Ergebnissen. So liegt dann auch der Libanon in der Region bei der Zeitungsberichterstattung vorne. Sonderseiten, lange Fotostrecken und entschiedene Kommentare zeichnen die Blätter aus, die der pro-westlichen Bewegung des 14. März nahe stehen. Ein ähnlich differenziertes Bild vermittelten auch die angesehenen panarabischen Zeitungen Al Sharq Al Awsat, Al Hayat und Al Quds Al Arabi, die alle in London erscheinen. Seit Tagen beherrscht der Machtkampf in der Islamischen Republik ihre Kommentarspalten. Die Proteste hätten dem Iran "seine Maske von Demokratie" heruntergerissen, urteilt Tariq Alhom, Chefredakteur von Al Sharq Al Awsat. Das Regime habe "keine Chance mehr, sein Ansehen und sein Gesicht zu retten".

Ägyptische und saudische Blätter dagegen beschränkten sich pflichtschuldig auf eine Handvoll täglicher Agenturmeldungen. Nur die Zeitungen aus Syrien, dem einzigen arabischen Verbündeten Teherans, ignorierten die blutigen Auseinandersetzungen komplett. Mal druckte die Regierungszeitung "Al Watan" auf ihrer ersten Seite ein Interview mit dem griechischen Präsidenten. Mal erfuhren die Leser, Staatschef Bashar al Assad wolle das kaspische, rote, schwarze und Mittelmeer wirtschaftlich enger verzahnen. Und Mir Hossein Mussawi ist für Syrien seit dem Wahlwochenende nur noch der "unterlegene Kandidat".

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