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Politik: Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen Mindestlohn entwerfen

Die Unionsfraktion setzt für einen eigenen Vorschlag auf die Tarifparteien – doch die Liberalen sind skeptisch.

Berlin - Die Unions-Bundestagsfraktion arbeitet derzeit an einem Modell für einen Mindestlohn, der möglichst noch in dieser Wahlperiode eingeführt werden soll. „Wir brauchen einen Schutzmechanismus gegen Dumpinglöhne“, sagte der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels, Peter Weiß, dem Tagesspiegel. Es gebe inzwischen zu viele Bereiche, in denen die Arbeitsbedingungen nicht mehr tarifvertraglich geregelt seien. Die Fachpolitiker der Unions-Fraktion regen daher die Einrichtung einer Kommission der Tarifpartner an, die eine konkrete „Lohnuntergrenze“ vorschlagen soll. Anders als die SPD fordert die Union jedoch keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro.

Die Lohnuntergrenze soll nach Angaben des CSU-Sozialexperten Max Straubinger für die Branchen gelten, in denen es keine Tarifverträge gibt oder in denen die Arbeitgeber diese nicht anwenden. Die Kommission soll zu gleichen Teilen mit Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften besetzt sein. „Wir wollen keinen politischen Mindestlohn“, sagte Straubinger. Darauf legt auch der CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs wert: „Die Tarifautonomie muss so weit es irgend geht erhalten bleiben“, forderte der stellvertretende Unions-Fraktionschef. Es müsse deshalb auch klar geregelt werden, dass die Bundesregierung die Beschlüsse der Kommission „eins zu eins“ übernehmen müsse – und nicht nach eigenem Belieben verändern dürfe. Die Kommission soll außerdem entscheiden können, ob sie den Mindestlohn nach Regionen, nach Berufsgruppen oder Altersstufen differenziert. Wenn es in dem Gremium ein Patt zwischen den Tarifpartnern gibt, soll ein neutraler Schlichter bei der Suche nach einer Lösung helfen.

Über die weiteren Details wollen die Unions-Abgeordneten des Sozial- und Wirtschaftsflügels in den nächsten Wochen beraten, mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fanden bereits Gespräche statt. Danach soll mit dem Koalitionspartner verhandelt werden. „Wir sollten ernsthaft versuchen, mit der FDP in diesem Jahr zu einem Ergebnis zu kommen“, mahnt der CDU-Politiker Weiß.

Auf massiven Druck des Arbeitnehmerflügels hatte auch die CDU sich auf ihrem Leipziger Parteitag im November 2011 für eine Lohnuntergrenze starkgemacht. Doch wie hoch ein solcher Mindestlohn ausfallen könnte, wurde damals bewusst nicht festgelegt. Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, Karl-Josef Laumann, hatte sich ursprünglich für eine Orientierung an der Zeitarbeitsbranche eingesetzt. Dort gilt seit diesem Januar ein Mindestlohn von 7,01 Euro pro Stunde in Ostdeutschland und von 7,89 Euro im Westen.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, äußerte sich eher skeptisch. „Eine Zentralkommission, die einen allgemeinen Mindestlohn festlegen soll, überzeugt mich nicht. Welche Lohnuntergrenze für eine Branche unschädlich ist und keine Arbeitsplätze kostet, wissen am besten die betroffenen Tarifpartner selbst“, sagte Vogel. Die FDP halte die bestehende Systematik für gut: „Zuvörderst sind die Tarifpartner für die Löhne zuständig. Wenn notwendig, können branchenbezogene Lohnuntergrenzen eingeführt werden.“ Doch auch bei den Liberalen gibt es inzwischen Bewegung beim Thema Mindestlöhne: So war Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Anfang des Jahres bei einem Landesparteitag in Baden-Württemberg nur knapp mit dem Antrag für eine Lohnuntergrenze gescheitert. Auch der stellvertretende Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Heiner Garg (FDP), verlangt von seiner Partei mehr Offenheit für Mindestlöhne.

Um die Vorbehalte in der FDP abzubauen, wirbt der CDU-Politiker Weiß damit, dass es sich bei der Kommission um eine „möglichst politikferne“ Lösung handele, die hervorragend in eine Marktwirtschaft passe. Für die Lohnuntergrenze gebe es auch ordnungspolitische Gründe, argumentiert Sozialexperte Weiß: So klagten viele Handwerksbetriebe darüber, dass es aufgrund von Lohndumping der Konkurrenzbetriebe zu Wettbewerbsverzerrungen komme.

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