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Arbeitslose: Verfassungsänderung für die Jobcenter

Arbeitsgruppe aus Union, FDP und SPD einig / Kommunale Betreuung Arbeitsloser wird verstärkt

Berlin - Bei der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform der Jobcenter ist nun nach Jahren eine Lösung in Sicht. In der Nacht zum Samstag verständigte sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Vertretern von Union, SPD und FDP nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums im Grundsatz darauf, wie die rund 6,8 Millionen Hartz-IV-Empfänger künftig betreut werden sollen. Durch eine Grundgesetzänderung solle die Vermittlung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen „aus einer Hand“ gewährleistet werden, hieß es am Samstag.

Damit könnte die jahrelange Unsicherheit für die Betroffenen und die Mitarbeiter der Jobcenter absehbar ein Ende haben. Eine Neuregelung ist erforderlich, nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende 2007 die bisherige Betreuung der Hartz-IV-Empfänger als grundgesetzwidrige Mischverwaltung beanstandet hatte. Die Richter monierten, dass bei der gemeinsamen Betreuung durch Kommunen und Arbeitsagenturen für die Bürger nicht mehr transparent sei, welche Verwaltung wofür zuständig sei – und verlangten eine Neuregelung bis Ende 2010.

Nach 13-stündigen Verhandlungen verständigten sich die Unterhändler darauf, die weitere Zusammenarbeit von Kommunen und Arbeitsagenturen durch eine Grundgesetzänderung abzusichern. Außerdem soll nach Angaben aus Verhandlungskreisen die Zahl der sogenannten Optionskommunen, die Langzeitarbeitslose in Eigenregie betreuen, von derzeit 69 auf bis zu 110 steigen.

Der Kompromiss soll voraussichtlich am kommenden Mittwoch von einer politischen Spitzenrunde bestätigt werden. An den Beratungen unter Leitung des Arbeitsministeriums waren Politiker der Koalitionsfraktionen, der SPD-Bundestagsfraktion sowie von CDU- und SPD-regierten Bundesländern beteiligt. Für eine Änderung des Grundgesetzes benötigt die schwarz-gelbe Koalition nicht nur die Zustimmung der Unions-Länder, sondern auch der SPD, da eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat erforderlich ist. Ein erster Anlauf für eine Verfassungsänderung war noch zu Regierungszeiten der großen Koalition am Widerstand der Unions-Bundestagsfraktion gescheitert. Doch auf Druck der CDU-Länder lenkten die Unions-Abgeordneten nun ein.

In den Beratungen forderte vor allem die Union, mehr Optionskommunen zuzulassen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zunächst vorgeschlagen, deren Zahl künftig nicht mehr zu begrenzen, aber die Genehmigung an Kriterien zu knüpfen. Die SPD beharrte jedoch auf einer „moderaten“ Erweiterung sowie einem strengen Auswahlverfahren. So sollen die Kommunalparlamente dem Antrag auf dauerhafte Option mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen müssen. Derzeit gibt es in der Praxis drei Betreuungsmodelle: In den meisten Fällen arbeiten Kommunen und Arbeitsagenturen unter einem Dach zusammen (345 Arbeitsgemeinschaften), in 23 Kommunen nehmen sie ihre Aufgaben – von der Auszahlung von Hartz IV über die Schuldnerberatung bis zur Vermittlung – getrennt wahr. In 69 Jobcentern tragen die Kommunen allein die Verantwortung für die Integration der Hartz-IV-Empfänger.

In den unterschiedlichen Verwaltungen soll künftig nach einheitlichen Maßstäben kontrolliert werden, ob das Geld für die Arbeitsmarktpolitik wirksam eingesetzt wird. Bisher liegen vor allem in den Optionskommunen erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung die entsprechenden Daten vor. Außerdem soll nach Angaben aus Verhandlungskreisen der Betreuungsschlüssel gesetzlich fixiert werden: Ein Vermittler soll maximal 75 Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren betreuen, bei den über 25-jährigen sollen es höchstens 150 Personen sein. Dieser Schlüssel war schon bei der Einführung von Hartz IV versprochen, in der Praxis aber häufig nicht eingehalten worden – mit der Folge, dass die Betreuer überfordert waren und das „Fördern“ der Arbeitslosen oft zu kurz kam.

Die Arbeitsgruppe verständigte sich zudem darauf, die von der schwarz-gelben Koalition im Haushalt 2010 gesperrten 900 Millionen Euro aus dem Arbeitsmarktpolitik-Topf für Hartz-IV-Empfänger zügig wieder freizugeben. Darüber hinaus soll der Bundestag sich dafür aussprechen, die arbeitsmarktpolitischen Mittel in den nächsten Jahren zu verstetigen – und nicht zu kürzen.

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