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Abschied von der Macht: Cristina Kirchner kann nicht wiedergewählt werden.

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Argentinien wählt Nachfolger von Cristina Kirchner: Adiós, Kirchnerismo

Argentinien wählt: Gesucht wird der Nachfolger von Staatschefin Cristina Kirchner und ihrem 2007 verstorbenen Ehemann Nestor Kirchner.

Von Michael Schmidt

Eine Ära geht zu Ende. Wieder einmal steht Argentinien vor einer Zäsur, einem Neuanfang. Ausgang, wie stets bei einem Wechsel im höchsten Amt, offen. Klar ist indes: Nach zwölf Jahren Kirchnerismo – erst Nestor, bis 2007, dann seine Frau Cristina, Tochter einer wolgadeutschen Einwanderin – muss die Familie Kirchner von der Macht lassen: Jetzt sind andere am Zuge. Die aussichtsreichen Kandidaten für den Einzug in die Casa Rosada, den Präsidentensitz in Buenos Aires, sind drei Männer. Die Argentinier werden sich also nicht nur auf einen mindestens dezenten Richtungswechsel an der Spitze der drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas einzustellen haben, sondern auch auf einen anderen Stil.

Der Kandidat der Regierungspartei "Front für den Sieg" liegt in Umfragen vorne

Umfragen zufolge liegt der Kandidat von Kirchners Regierungspartei „Front für den Sieg“, Daniel Scioli, deutlich vor seinen Rivalen. Ob es für den 58-jährigen früheren Rennbootfahrer im ersten Durchgang reicht oder er in die Stichwahl muss, war nach Wahlkampfabschluss gleichwohl unklar. Um bereits am Sonntag als Sieger festzustehen, benötigte er mindestens 45 Prozent der Stimmen oder 40 Prozent mit einer zehnprozentigen Führung vor dem nächstbesten Kandidaten. Dies dürfte der liberal-konservative Mauricio Macri sein, der bisherige Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires.

Cristina Kirchner, die sich den Ruf der exaltierten Dame vom Rio de la Plata erwarb und einen konfrontativen Regierungsstil pflegte, hatte umfangreiche Sozialprogramme aufgelegt. Dies brachte ihr vor allem bei den Ärmsten hohe Zustimmungswerte. Doch angesichts einer hohen Inflation und der schwierigen Wirtschaftslage – das Land wird als technisch zahlungsunfähig eingestuft – hoffen viele nun auf eine investorenfreundlichere Politik. Die Kandidaten zeigen sich denn alle bereit, die von Kirchner hinterlassenen Wirtschaftsprobleme anzugreifen, um eine Rezession abzuwenden. Eine Verschärfung der Krise könnte übrigens auch für deutsche Unternehmen spürbare Folgen haben – nach Brasilien und Mexiko ist das Land der drittwichtigste Handelspartner in der Region.

Also: Veränderung ja – aber wieviel Veränderung die rund 32 Millionen Wahlberechtigten wünschen, und von wem, das ist unklar. „Scioli tritt als Garant für die Erhaltung der staatlichen Unterstützung auf, die auf verschiedene Art rund 40 Prozent der Argentinier beziehen“, sagt Mariel Fornoni, vom Umfrageinstitut Management & Fit. Scioli zeigt sich anders als Kirchner auch bereit, mit Hedgefonds zu verhandeln, die nach dem Urteil eines US-Gerichts zwei Milliarden Dollar für unbezahlte argentinische Schulden verlangen. Die Weigerung zu zahlen war es, die 2014 zur technischen Pleite führte.

Die neue Regierung braucht aber dringend frisches Geld, wenn sie ihre Wahlversprechen einhalten will. Scioli, aber auch Macri, wollen etwa eine Förderung für eine Million Wohnungen bereitstellen. Der drittstärkste Kandidat, Sergio Massa – Ex-Kabinettschef Kirchners, der heute kritisch zur Regierung steht – sprach sogar von 1,2 Millionen Krediten für Erstwohnungen. Wo das Geld herkommen soll – dazu machten die Kandidaten auffallend wenig Angaben.

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