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Teilnehmer einer Demonstration am 11.02.2017 fordern einen Abschiebestopp nach Afghanistan.

© David Young/dpa

Asylpolitik: Schleswig-Holstein stoppt Abschiebungen nach Afghanistan

Schleswig-Holsteins Landesregierung hält die Sicherheitslage in Afghanistan für bedenklich. Abschiebungen in das Land werden deshalb für drei Monate ausgesetzt.

Schleswig-Holstein setzt Abschiebungen nach Afghanistan mit sofortiger Wirkung aus. Der Schritt sei aus "humanitären Gründen geboten", weil eine Rückführung "in Sicherheit und Würde" unter Berücksichtigung völkerrechtlicher Standards wegen der Sicherheitslage vor Ort derzeit unmöglich sei, erklärte Innenminister Stefan Studt (SPD) am Dienstag in Kiel. Er habe deshalb einen befristeten Abschiebestopp für zunächst drei Monate angeordnet. Schleswig-Holstein hatte den Schritt bereits zuvor angekündigt und beim Bund und den anderen Bundesländern um Unterstützung geworben.

Abschiebestopp gilt zunächst bis zum 31. Mai 2017

Nach Studts Angaben konnte ein koordinierter bundesweiter Abschiebestopp aber nicht erreicht werden. Deshalb habe sein Land im Alleingang entsprechende Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz ergriffen. Demnach gilt der Abschiebestopp in Schleswig-Holstein zunächst bis zum 13. Mai 2017 oder bis zu einer Veränderung der Sicherheitslage. Davon ausgenommen bleiben Menschen, die eine Gefahr für die innere Sicherheit sind oder wegen schwerer Straftaten verurteilt wurden. "Diese Menschen können den Schutz unseres Landes nicht in Anspruch nehmen", erklärte Studt. Auch alle andere ausreisepflichtigen Afghanen bleiben prinzipiell verpflichtet, das Land zu verlassen. Ihre Ausreise wird demnach während des Stopps nur "nicht erzwungen".

Schleswig-Holstein war für den angekündigten Abschiebestopp im Voraus unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert worden. Berichten zufolge hegen indes auch mehrere weitere SPD-geführte Länder Bedenken gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Nach dem Abschluss eines Rückführungsabkommens mit Afghanistan im Oktober hatte das Bundesinnenministerium die Bundesländer aufgefordert, abgelehnte Asylbewerber konsequent abzuschieben. Im Dezember wurde mit ersten Sammelabschiebungen begonnen.

Benennung sicherer Gebiete sei unmöglich

Das Vorgehen ist aber umstritten, weil sich in weiten Teilen Afghanistans Regierungstruppen und radikalislamische Taliban bekämpfen. Auch die Anschlagsgefahr ist groß. Studt berief sich zur Begründung des Abschiebestopps am Dienstag unter anderem auf die Einschätzung des UN-Flüchtlingskommissariats, wonach das ganze Staatsgebiet Afghanistans von einem bewaffneten Konflikt betroffen und die Benennung sicherer Gebiete wegen der sich schnell verändernden Lage unmöglich sei. Der jüngste Anschlag in Kabul bekräftigte dies. In der afghanischen Hauptstadt waren vor einer Woche 20 Menschen bei der Explosion einer Bombe vor dem höchsten Gericht getötet worden. Davor waren im Januar 38 Menschen bei einem Doppelanschlag in der Nähe des afghanischen Parlaments gestorben. (AFP)

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