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Politik: Atemlose Fernsehkrieger im Standbild

Die Exklusivität auf das grünliche Fernsehbild ist dahin.Die Fernbedienung muß nicht länger in die 30er-Skala, ins Hyperband zu CNN hinaufgejazzt werden.

Die Exklusivität auf das grünliche Fernsehbild ist dahin.Die Fernbedienung muß nicht länger in die 30er-Skala, ins Hyperband zu CNN hinaufgejazzt werden.Euronews hat die Nachtsicht von Bagdad mit der Nachtsicht-Kamera eingefangen, n-tv über CNN sowieso, dito BBC World.Es sind, so viel wird beim Zappen erkennbar, nicht dieselben Straßenzüge in der irakischen Hauptstadt, die die Sender ins Live-Bild nehmen.Operation "Wüstenfuchs" hat, anders als Operation "Wüstensturm", die Ereignis-Sender nicht überrascht.Mag auch CNN-Reporterin Christiane Amanpour auf dem Dach des Informationsministeriums die vielleicht beste Sicht haben, die übrigen amerikanischen und nicht-amerikanischen Stationen hatten die Kameras ebenfalls in Position gebracht, bevor die ersten Bomben fielen.

Bagdad ist eine Stadt im Kriegszustand, das signalisiert nicht der Inhalt der Bilder, das vermitteln die Kommentatoren - und das sumpfige Grün auf dem Bildschirm.Starrer, grüner Bildschirm, das heißt Bagdad im Kriegszustand, das heißt Fernsehkrieg in Echtzeit.Je standhafter eine Fernsehstation das Standbild in Grün ausstrahlt, desto mehr ist er Nachrichtensender - "Live Breaking News" nennt das CNN mit einer gewissen Atemlosigkeit im Insert-Titel.Je kürzer, je seltener der Bildschirm grün wird, desto mehr richtet sich die Programm-Wahl an die öffentlich-rechtlichen Programme von ARD und ZDF.

Das stete Grün lullt erst ein, dann macht es nervös.Wieder und wieder soll sich der Militärschlag erneuern, doch am Live-Bild ändert sich nichts.Die Fernsehbedienung in die Hand gespannt wie einen Faustkeil wandert der Fernsehkrieger durch die Programme auf der Suche nach dem Krieg am Golf.Die Fernsehsender suchen mit und bemühen sich, den Werbecharakter ihres Grün-Bildes zu erhöhen mit dem Blick zurück und zur Seite, mit Archivalien aus Waffenkammern und Waffengängen, mit Live-Stellungnahmen und XXL-Experten.TV-Zuschauer zappen und TV-Stationen switchen dem Krieg hinterher.Der Zuschauer streift an der Programmwand aus Serien-Müll, Sex-Reklame, Fußball und Werbung entlang, um jenes TV-Fenster zu erwischen, das den Krieg im Bild zeigt.Höchste Aufregung entsteht, wenn ein Auto als hellgrünes Mobile die sumpfgrüne Gasse hinunterfährt.Die Miniaturisierung des Krieges auf das Format des Standbildes kommt der Maximierung der Ungeduld gleich.CNN, den anderen Live-Kanälen wieder eine Winzigkeit voraus, teilt den Schirm in Windows-Manier: links grün, auch Saharabraun, rechts der Experte im Generalsrang.Später, berichten Augenzeugen dieser Fernsehnacht, soll sich der grüne Schirm für Sekunden mit Rot überzogen haben.

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