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Politik: Atomaufsicht: Gabriel streitet mit Ländern

Unions-Regierungen lehnen Überprüfung ab

Berlin - Zwischen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und den Bundesländern bahnt sich ein Streit um die Aufsicht über die Atomkraftwerke an. Anlass ist eine von Gabriel veranlasste Überprüfung der Aufsichtspraxis durch eine Kommission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), die im Jahr 2007 durchgeführt werden soll. Doch die Regierungen von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern, die im Auftrag des Bundes die Atomaufsicht durchführen, „lehnen eine Beteiligung an einer derartigen Mission ab“, heißt es in einem Schreiben, das der hessische Umweltstaatssekretär Karl-Winfried Senf (CDU) im Namen der Länder im April an Kanzleramtschef Thomas de Maizière sandte. Darum boykottierten die Ländervertreter eine Infoveranstaltung mit hochrangigen IAEO-Vertretern, zu der das Bundesumweltministerium (BMU) vorletzte Woche eingeladen hatte.

Die Länder, so Staatssekretär Senf, wollen sich nicht beteiligen, solange „das BMU an seiner Absicht festhält, die staatliche Atomaufsicht in Bundeseigenverwaltung zu überführen.“ Wolfgang Renneberg, Abteilungsleiter Reaktorsicherheit im BMU, hatte vergangenes Jahr erklärt, die zersplitterte Struktur der deutschen Aufsicht sei „hoffnungslos veraltet“ und stecke „in einer tiefen Krise“. Darum sei eine Zentralisierung beim Bund zu bedenken. Dazu sagte Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig dem Tagesspiegel, „die Struktur der Verwaltung“ stehe bei der IAEO-Mission „gar nicht zur Diskussion“ und es gebe „keineswegs eine Vorfestlegung, wo und wie die Atomaufsicht künftig stattfindet“. Beabsichtigt sei nur „eine internationale Überprüfung unserer Verfahren, so wie es in vielen anderen Ländern auch gemacht wurde“. Hielten die Länder an der Ablehnung fest, lasse das BMU aber die Prüfung notfalls auch ohne die Landesregierungen durchführen.

Gleichzeitig trat Machnig dem Vorwurf entgegen, er und Gabriel hätten auf Druck der Stromindustrie den bisherigen Vorsitzenden der Reaktorsicherheitskommission (RSK), Michael Sailer, durch den industriefreundlichen Experten Klaus-Dieter Bandholz ersetzt. Eine solche Intervention der Atomkraftbetreiber habe es „nicht gegeben“. Der Wechsel im Vorsitz der RSK, sagte Machnig, sei nötig, weil die Satzung alle zwei Jahre einen Wechsel vorsieht. Sailer, im Hauptberuf beim atomkritischen Öko-Institut Darmstadt, habe die RSK schon drei Jahre geführt. Der ursprünglich vorgesehene Nachfolger Lothar Hahn, wie Sailer ein ausgewiesener Atomkraftkritiker, habe den Vorsitz nicht übernehmen können, da er Geschäftsführer der bundeseigenen Gutachterfirma Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) ist. Beide Führungspositionen sollten jedoch nicht in einer Hand liegen. Zudem verfüge Bandholz über „hohe Sachkompetenz“ und habe als Mitglied des zwölfköpfigen Gremiums stets „entscheidende Sicherheitsfragen hartnäckig angesprochen“. Bereits Joschka Fischer hatte ihn als Hessens Umweltminister mit der Begutachtung des AKW Biblis beauftragt.

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