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Politik: Atomausstieg: Endgültiges Aus auch für Mülheim-Kärlich - Regierung sieht Abschaltung von Akw Stade als Erfolg ihrer Atompolitik

Vier Monate nach dem Energiekonsens mit der Stromwirtschaft hat die rot-grüne Koalition die angekündigte Abschaltung des Atomkraftwerks Stade als Erfolg ihrer Atompolitik verbucht. Indes lösten die von den Stromkonzernen in den kommenden Jahren geplanten weiteren Kraftwerk-Schließungen am Dienstag Befürchtungen über einen weit reichenden Verlust von Arbeitsplätzen aus.

Vier Monate nach dem Energiekonsens mit der Stromwirtschaft hat die rot-grüne Koalition die angekündigte Abschaltung des Atomkraftwerks Stade als Erfolg ihrer Atompolitik verbucht. Indes lösten die von den Stromkonzernen in den kommenden Jahren geplanten weiteren Kraftwerk-Schließungen am Dienstag Befürchtungen über einen weit reichenden Verlust von Arbeitsplätzen aus. Der Energiekonzern Eon will Stade als erstes deutsches Atomkraftwerk nach den Energiekonsensgesprächen 2003 vom Netz nehmen. Auch das Akw Mülheim-Kärlich soll nach Angaben des Konzerns RWE endgültig aufgegeben werden.

Der Atomkonsens zeige Wirkung, sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). "Wenn einer der ältesten Reaktoren vom Netz geht, ist das ein Zugewinn von Sicherheit." Am Rande des EU-Umweltrats in Luxemburg sagte er, Stade sei nicht mehr rentabel, und daraus würden jetzt die Konsequenzen gezogen. Auch andere Konzerne wie RWE prüften die Abschaltung von Akws und traditionellen Kraftwerken aus Gründen der Rentabilität. "Es wird auch wieder eine Debatte über Garzweiler geben", sagte Trittin zu dem umstrittenen Braunkohleprojekt in Nordrhein-Westfalen.

Durch die Stilllegung von Kraftwerken befürchtet die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) den Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen. Der zweitgrößte deutsche Energieversorger Eon hatte die Abschaltung des Reaktors in Stade an der Unterelbe 2003 und die Schließung weiterer Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke in Deutschland angekündigt. Von den Stilllegungen sind nach Angaben des ÖTV- Vorsitzenden Herbert Mai 1500 Arbeitsplätze betroffen.

Der Energie-Vorstandsvorsitzende bei Eon, Hans-Dieter Harig, wollte die Entscheidung, Stade abzuschalten, nicht als politisches Signal gewertet wissen. "Es ist kein Bauernopfer", sagte er. Grund für die Abschaltung sei der deutliche Erlösrückgang auf Grund der Liberalisierung am Strommarkt. Dem Kraftwerk sei so die Wirtschaftlichkeit entzogen worden.

Auch der größte deutsche Stromkonzern RWE will bis zum Jahr 2004 Kraftwerksblöcke stilllegen. Der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Dietmar Kuhnt, sagte in Essen, damit trage das Unternehmen seinen Teil zur Bereinigung der insgesamt rund zehn Prozent Überkapazitäten in der deutschen Stromerzeugung bei. Neben dem Verzicht aus das bereits 1988 abgeschaltete Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich soll nach Angaben Kuhnts nicht wettbewerbsfähige Kraftwerkskapazität stillgelegt werden.

Greenpeace-Sprecher Stefan Schurig sagte zu dem Beschluss von Eon, die Organisation begrüße zwar grundsätzlich die Abschaltung von Atomkraftwerken. Die Frist von drei Jahren bis zur Stilllegung des Akw Stade sei jedoch "unnötig und gefährlich". Daher fordert Greenpeace die sofortige Abschaltung des zweitältesten Atomkraftwerks in Deutschland, das ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstelle.

Die jetzt angekündigte Stilllegung habe im übrigen gezeigt, dass die Atomindustrie in den Verhandlungen mit der Bundesregierung mit falschen Karten gespielt habe, kritisierte der Greenpeace-Sprecher. Die Betreiber hatten behauptet, bei Abschaltung von Akws entstünden ihnen Milliardenverluste, und daher mit Schadenersatzklagen gedroht. "Jetzt gesteht EON ein, dass zum Beispiel mit Stade ohnehin keine müde Mark mehr zu verdienen ist", so Schurig. Die Entscheidung wäre nach Ansicht von Greenpeace auch ohne den Atomkonsens gekommen - wenn nicht schon früher.

Den Start des tschechischen Atomkraftwerks Temelin nannte Trittin indes "sicherheitspolitisch bedenklich und energiepolitisch verfehlt". Trotz ihrer Enttäuschung werde die Bundesregierung jedoch weiter im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit alles daran setzen, dass die nukleare Sicherheit und der Strahlenschutz in Tschechien verbessert würden, erklärte der Grünen-Politiker am Dienstag. Nach dem ersten Schritt zur Aktivierung der Kraftwerks am Montag blockierten Atomkraftgegner weiter drei Grenzübergänge zwischen Tschechien und Österreich.

vs

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