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Wahlkampf gegen Schwarz-Gelb und für den Atomausstieg. Die Grünen-Chefs Cem Özdemir und Claudia Roth 2009. Foto: Jens Büttner/dpa

© dpa

Politik: Atomausstieg – ja, aber

Die Grünen-Führung empfiehlt die Zustimmung zu Merkels Akw-Wende / Kritik von der Basis

Berlin - Die Grünen-Führung will den Atomausstieg der schwarz-gelben Koalition bis zum Jahr 2020 mittragen, drängt aber auf Korrekturen bei der Energiewende. Der Grünen-Vorstand legte am Freitag einen entsprechenden Leitantrag vor. Darin empfiehlt er den Delegierten des Grünen-Sonderparteitags die Zustimmung zum eigentlichen Ausstiegsgesetz, obwohl die Partei bislang gefordert hatten, das letzte Kernkraftwerk bereits im Jahr 2017 vom Netz zu nehmen.

Die Abschaltung aller deutschen Akws sei „objektiv ein Erfolg“, sagte Parteichefin Claudia Roth bei der Vorstellung des Antrages am Freitag. „Deshalb sagen wir, diesen Maßnahmen empfehlen wir unsere Zustimmung.“ Zugleich übt die Grünen-Führung aber scharfe Kritik an wesentlichen Bestandteilen des Ausstiegskonzeptes. „Eine unsinnige Kaltreserve, mangelhafte Akw-Sicherheit, fehlende Endlagersuche und eine Energiewende, die zurück zur Kohle will, sind für uns dagegen nicht zustimmungsfähig“, heißt es in dem Antrag. Roth sprach von „Merkel-Murks“. Den Erfolg des Ausstiegs wolle sie aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überlassen.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Sonderparteitag der Grünen-Spitze am Samstag kommender Woche die Unterstützung mehrheitlich verweigern wird. Allerdings müssen die Parteioberen mit scharfer Kritik der Basis und einer erheblichen Zahl an Nein-Stimmen rechnen. Bis zu 30 Prozent der Delegierten könnten die Bundestagsfraktion dazu auffordern, das Atomausstiegsgesetz im Parlament abzulehnen, heißt es.

Heftige Kritik am Kurs der Grünen- Führung wurde am Freitag aus den Reihen der Anti-Atombewegung laut. „Wenn die Grünen einen Weiterbetrieb von Reaktoren bis zum Jahr 2022 und eines Akw im Stand-By-Betrieb unterstützen, sind sie nicht mehr Teil der Bewegung“, sagte der Sprecher der Gruppe „Ausgestrahlt“, Jochen Stay. Die Grünen machten sich unglaubwürdig, wenn sie nun Positionen aufgeben würden, die noch vor Wochen gegolten hätten, fügte Stay hinzu. „Dafür haben in den vergangenen Monaten nicht hunderttausende Menschen demonstriert.“ Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer warnte die Grünen ebenfalls vor Glaubwürdigkeitsproblemen. „Man kann nicht heute sagen, dass man die Atomkraftwerke höchstens noch sechs Jahre laufen lassen will und dann elf weiteren Jahren zustimmen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Der Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele kündigte am Freitag an, gegen das Ausstiegsgesetz zu stimmen, wenn es nicht nachgebessert werde. „Wenn sich in den parlamentarischen Beratungen keine wesentlichen Verbesserungen ergeben, sehe ich keinen hinreichenden Grund für die Zustimmung zum Ausstieg à la Merkel“, sagte der frühere Wortführer der Parteilinken dem Tagesspiegel. Zwar mache er keinen Hehl daraus, „dass das Merkel-Gesetz ein Fortschritt“ sei. Mit den Laufzeiten von sechs Atomkraftwerken bis 2021/22 sei er aber nicht einverstanden: „Ich kann nicht immer wieder fordern, dass ein Ausstieg bis 2017 machbar und notwendig ist und mit Hunderttausenden in Berlin dafür demonstrieren, um dann einfach zu sagen: Jetzt vergesst es.“ Ohnehin gebe es für die Grünen keine Notwendigkeit, den schwarz-gelben Plänen unbedingt zuzustimmen. „Ich sehe auch keinen Grund, warum wir als Oppositionspartei sagen sollen, wir verfolgen unser Gesetz zum Ausstieg bis 2017, nicht weiter.“

Der Grünen-Abgeordnete Hermann Ott sagte am Freitag, er behalte sich eine Enthaltung im Bundestag vor. Der Leitantrag der Grünen-Spitze lese sich zu Recht wie eine Fundamentalkritik am Atomausstieg der Kanzlerin und ihrer Energiewende, erklärte der klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion: „Nur verstehe ich nicht, warum in dem Antrag dann die Empfehlung folgt, der Atomgesetznovelle zuzustimmen.“

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