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Politik: Atomkonsens: Antje Radcke steigt aus - Wer bei den Grünen mehr und wer weniger begeistert ist

Jürgen Trittin machte nicht viele Worte. "Das ist der Ausstieg".

Jürgen Trittin machte nicht viele Worte. "Das ist der Ausstieg". Genau genmommen reichte dem Grünen-Umweltminister dieser Satz um zu begründen, warum er seiner Partei empfehle, den Atomkompromiss anzunehmen. Doch erwartungsgemäß gab es Stimmen innerhalb der Grünen, die die Sache ganz anders sehen. Vorstandssprecherin Antje Radcke beispielsweise. Sie nannte den Kompromiss am Donnerstag "nicht akzeptabel" und lehnte ihn ab.

Radcke will auf dem Parteitag Ende Juni in Münster noch einmal kandidieren, obwohl sie vermutlich keine Chance hat, erneut gewählt zu werden. Der Grund: Selbst der linke Flügel hat sich wohl bereits für die bisherige Berliner Fraktionschefin Renate Künast entschieden. Der Parteitag muss offiziell den Atom-Kompromiss absegnen. Ob womöglich die Kritiker - neben Radcke beispielsweise auch der Vorstandssprecher der rheinland-pfälzischen Grünen, Reiner Marz, - doch noch die Oberhand gewinnen, ist aber nicht völlig ausgeschlossen. Auch der kommende Parteitag der Grünen in Nordrhein-Westfalen an diesem Wochenende wird Aufschluss über die Stimmung geben.

Bei den Landesverbänden der Grünen war am Donnerstag noch keine einheitliche Haltung zu dem in der Nacht erzielten Atomkompromiss erkennbar. Während das Ergebnis vielfach als wegweisend gefeiert wurde, plädierten prominente Grüne aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz für eine Ablehnung der Vereinbarungen zum Atomausstieg. Insgesamt zeichnete sich aber eine Mehrheit für die Zustimmung ab.

Die Grünen-Bundestagsfraktion hat sich ebenso wie der Parteivorstand bereits am Donnerstag klar hinter den Atomkompromiss gestellt. Wie am Rande einer Sondersitzung der Fraktion verlautete, stimmten 18 Abgeordnete für die in der Nacht geschlossene Vereinbarung. Es gab eine Gegenstimme und drei Enthaltungen, darunter die des Berliner Abgeordneten Hans-Christian Ströbele. Von den insgesamt 47 Grünen-Abgeordneten nahmen allerdings nur 22 an der Sitzung teil. Viele seien derzeit in Urlaub, hieß es in der Fraktion.

Vorstandssprecherin Antje Radcke kündigte indes an, sie werde dem Parteitag nicht empfehlen, dem Kompromiss zuzustimmen. Radcke sagte im Südwestrundfunk, für ihre Position auf dem Parteitag rechne sie mit der Unterstützung mindestens des gesamten linken Flügels. Vor Beginn der Fraktionssitzung begründete sie ihre Ablehnung damit, dass der Vertrag kein Enddatum für das Abschalten der Atomkraftwerke enthalte. Sie sprach von einem Knebelvertrag. Der Bundestagsabgeordnete Ströbele nannte die Lage sehr schwierig. Ströbele meinte, wesentliche Forderungen der Grünen seien nicht erreicht. Ein Abschalten der Atomkraftwerke sei für ihn nicht erkennbar. Für ihn bedeute das nicht die Koalitionsfrage, aber es sei "eine der schwierigsten Fragen".

Auch der Vorstandssprecher der rheinland-pfälzischen Grünen, Reiner Marz, hat den Atomkompromiss zwischen Regierung und Stromwirtschaft kritisiert. Der Kompromiss biete in der Substanz zu wenig, sagte Marz am Donnerstag in Koblenz. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrheit der rheinland-pfälzischen Delegierten dem auf dem Bundesparteitag in Münster zustimmen wird", erklärte der Vorstandssprecher: "Ich kann es ihnen auch nicht empfehlen."

Dagegen sprach die designierte Vorsitzende Künast von einem Erfolg. Es sei zwar "kein Grund zum Jubeln, aber ein Erfolg", dass überhaupt ein Kompromiss zu Stande gekommen sei. Deutschland sei damit das einzige Industrieland, das den Ausstieg beschlossen habe. Sie empfahl ihrer Partei, in Münster dem Atomkompromiss zuzustimmen. Auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Michaele Hustedt, erklärte, sie werde ihrer Partei die Annahme der ausgehandelten Vereinbarung empfehlen. "Kompromisse sind keine Niederlagen", betonte sie.

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